Viel Geld bringt auch viel Kritik mit sich. Das Crowdfunding-Projekt, von dem ich heute erzählen will, hat das sehr beispielhaft durchlebt. Es sammelte unfassbar viel Geld ein (*auch von mir) – und es zog unfassbar viel Kritik auf sich. Zwischenzeitlich muss es sich für den Projektstarter angefühlt haben wie ein Pranger, an den er gestellt wurde. Aber er hat es durchgezogen – und es scheint ihm gut damit zu gehen. Ich weiß das, denn wir sind beste Kumpels. Jedenfalls gibt er mir mit jeder neuen Mail, die er mir seit dem Crowdfunding-Erfolg schreibt, genau das Gefühl.
Ich rede von Zach Braff, dem Schauspieler und Regisseur, der ein wenig aussieht wie Buzzfeeds Jonah Peretti und der in Deutschland vor allem als Arzt aus Scrubs bekannt ist. Vor zehn Jahre dreht Braff den Film Garden State – seine letzte große Filmproduktion.
Vor einem Jahr kam er dann auf die Idee, seinen neuen Film „Wish I Was Here“ über das Crowdfundingportal Kickstarter zu finanzieren: Über 3,1 Millionen Dollar kamen so zusammen – und jede Menge Kritik. Muss ein Millionär um Geld betten? war noch die netter Frage, der sich Braff ausgesetzt sah. Er hat sie einmal beantwortet – und sich dann darauf konzentriert, mit seinen Unterstützern zu kommunizieren. Das macht er in einer Art und Intensität, die vielleicht eher amerikanisch ist, sie ist aber in jedem Fall beeindruckend. Die Mails, die alle von ihm persönlich unterzeichnet sind, werden von Grußformeln wie „Lots of Love“ oder „xoxoxoxoxo“ abgeschlossen. Als er den ersten Trailer zu seinem Film verschickte, schrieb er: „I hope you love it as much as I love every one of you“ ans Ende des Textes, den er mit dieser Ankündigung begann:
I have something very special to share with you today. Each one of you, with every pledge you made and every note of encouragement you wrote to me, has played a part in making this movie happen. Since YOU are the reason I made this film, I knew that YOU had to get the very first look at it before anyone else
Letzten Monat bekam ich dann eine Mail, in der mir ein personalisierter Trailer gezeigt wurde. Es ist nur eine kleine Spielerei, dass mein Name in dem Clip auftaucht. Diese Spielerei deute ich aber so: Zach Braff hat sich von der öffentlichen Kritik nicht von seinem Plan abbringen lassen, gemeinsam mit seinen Unterstützern ein großartiges Projekt zu machen. Er hat sich darauf konzentriert, mit seinen Unterstützern zu kommunzieren, hat deren Pledges produziert (mein T-Shirt ist auf dem Postweg) und einen Mitgliederbereich auf der offiziellen Filmwebsite geschaffen, der nun auch für Nicht-Unterstützer geöffnet wird. In dem kurzen Clip erklärt er das so: „Wie Ihr vielleicht wisst, wurde dieser Film möglich, weil 46.000 Leute von überall auf der Welt ihn unterstützt haben. Für sie ist diese Website, auf der wir eine Menge exklusiven Inhalt gezeigt haben. Aber jetzt ist es an der Zeit, Euch offiziell zu begrüßen. Kommt herein. Wir 46.521 haben hier gemeinsam eine Party gefeiert, und es ist an der Zeit, die Türen aufzusperren.“
Ich habe keine Ahnung, wann ich den Film sehen werde (ein Deutschland-Start ist offenbar noch nicht terminiert UPDATE: Der Film kommt am 9. Oktober in die deutschen Kinos), aber ich hatte nie das Gefühl, dass das Geld, das ich für diesen Film ausgegeben habe, verschwendet war. Denn in Wahrheit habe ich nicht den Film unterstützt, ich habe dafür bezahlt, an etwas teilzunehmen, was nicht wiederkommt: Ich war dabei, wie Braff den Film gemacht hat. Und Braff hat mich daran teilnehmen lassen. Das finde ich ziemlich gut. Und ich finde es beispielhaft dafür, wie Crowdfunding kommunziert werden kann.
Warum ich all das erzähle? Weil ich mich sehr freue, dass das Projekt Krautreporter sein Funding-Ziel erreicht hat. Ich wünsche den Krautreportern alles Gute – und eine gute Kommunikation!
5 Kommentare
Wollen wir hoffen, dass die Kerntruppe sich ein wenig bei Zach inspirieren lässt.
Es sind natürlich zwei sehr unterschiedliche Produkte. Hilfreich
wäre es, wenn ich mich so durch die Kommentare lese, mal klarzustellen,
dass man hier gecrowdFUNDET und nicht crowdgesourced hat. Bei ersterem
erwirbt man dadurch eben nicht das Mitspracherecht, sondern überlässt
dem Künstler/dem Journalisten die Arbeit. Andererseits ist bei der
Unschärfe, mit der sich dieses Projekt verkauft hat, nicht
verwunderlich, dass jetzt alle Senf geben müssen. Irgendwie vergeht bei
mir nicht der Eindruck, dass hier ein wenig aus der Hüfte geschossen
wurde.
Es ist auch sehr unprofessionell, wie jetzt geschrieben wird. So ungefähr:
„wir machen uns jetzt mal schlau, wie das mit Genossenschaft und
Umwandlung der GmbH genau läuft.“ – Da denkt man so: „Ah, ihr habt bis
jetzt einfach mal ein wenig davon gefaselt, weil’s irgendwie dufte
klingt, aber so richtig Bescheid wisst ihr nicht, nur das es eben
irgendwie kompliziert ist und deswegen am Anfang erstmal weggelassen
wurde.“ So richtig Konzept kann ich in all dem nicht sehen.
Ebenso diese sehr verwirrende, weil eben nirgends in einem überzeugenden
Spirit erklärte Verwendung des Begriffes „Mitglied“ für die
Unterstützer. Alles so kleine Details, die das Gesamtbild unsauber
machen.
Lieber Dirk,
ja, genau Du und nur Du, der Gelendirk, Du hast Krautreporter ermöglicht, mit Deinem Einsatz und Engagement, mit Deiner Leidenschaft. Du bist der Grund, warum es Krautreporter gibt, und deswegen wirst Du als erster unsere Geschichten erleben.
So?
xoxoxoxoxo
Danijel, Krautreporter
;)
[…] Den Schauspieler und Regisseur Zach Braff kennen die meisten von euch sicherlich als Arzt aus der Serie Scrubs. Vielleicht kennt ihr ihn sogar von seinem vor zehn Jahren erschienenen Indie-Film “Garden State”, seiner letzten großen Produktion. Der Nachfolger dieses Films heißt “Wish I Was Here” (nicht von der Handlung her, eher im Geiste) und wurde von Braff via Kickstarter finanziert. Dafür hat er scheinbar eine Menge Kritik einstecken müssen, aber er hat auch eine Menge Begeisterung entfacht. Bei Dirk von Gehlen gibt es ein wenig mehr zum Thema. […]
[…] Den Schauspieler und Regisseur Zach Braff kennen die meisten von euch als Arzt aus der Serie Scrubs. Seine letzte große Produktion als Regisseur war der vor zehn Jahren erschienene Indie-Film “Garden State”, ein Achtungserfolg mit toller Story und großartigem Soundtrack. Der Nachfolger im Geiste heißt “Wish I Was Here” und wurde von Braff via Kickstarter finanziert. Dafür hat er eine Menge Kritik einstecken müssen, aber er hat auch eine Menge Begeisterung entfacht. Bei Dirk von Gehlen gibt es ein wenig mehr zum Thema. […]
[…] mit seinem Publikum einen Film finanzierte, hatte ich hier bereits mehrfach erwähnt. Unter anderem auch wegen der guten Kommunikation, die mit dem Crowdfunding verbunden war – genau diese steht nun in der Kritik, denn niemand […]