Heute kommt „Das Buch als Magazin“ ans Kiosk, ein 120-seitiges Heft, das sich nicht entscheiden will, wie man es verstehen soll: als Buch, als Magazin oder eben als Buch als Magazin. Ich finde die Idee so charmant und die Umsetzung so toll, dass ich dieses mutige Projekt als erstes in meinen loading-Porträts vorstellen will. Die beiden Erfinder Joanna Swistowski und Peter Wagner sind Kollegen – deshalb bin ich vielleicht befangen, deshalb kann ich umgekehrt aber auch zweifelsfrei bezeugen: Sie machen das gut und mit sehr viel Herzblut. Die besten Voraussetzungen, um hier vorgestellt zu werden.
Was macht ihr?
Wir machen „Das Buch als Magazin“, ein neues Heft, das seit 5. Februar an Bahnhofs- und Flughafenkiosken ausliegt, das man aber auch direkt bei uns auf dasbuchalsmagazin.de kaufen kann. Die Idee dahinter ist leicht erklärt: Im ersten Teil jeder Ausgabe drucken wir einen Literaturklassiker, im zweiten Teil stehen journalistische Geschichten aus der Gegenwart, die sich in irgendeiner Form auf eben diesen Klassiker beziehen. In der ersten Nummer drucken wir „Die Verwandlung“ von Franz Kafka. Der Text über Gregor Samsa, der eines Tages als Käfer erwacht, ist gestaltet wie eine Reportage und wird von Bildern des Wiener Fotografen Lukas Gansterer begleitet. Außerdem schreiben wir Geschichten über einen Vater-Sohn-Konflikt, über den Schock nach dem Tod der eigenen Mutter oder über einen Bergsteiger, der immer mit Geige unterwegs ist. Und auch wenn es sich unwahrscheinlich anhört: Alle diese Texte haben mit der „Verwandlung“ zu tun.
Warum (macht ihr es so)?
Die meisten lesen nur während der Schulzeit ein paar Texte von Goethe, Kafka oder Fontane, nur wenige gehen auch später noch in ihrer Buchhandlung zum Regal mit den Klassikern. Hier liegt ein Ursprung unserer Idee: Wir wollen zeigen, wie viel Gegenwart in vermeintlich alten Büchern steckt und dass journalistische Texte eine gute Brücke zu literarischen Texten sein können.
Wer soll das lesen?
Tja, die Frage hat uns selbst eine Weile beschäftigt. Wir glauben, dass jeder das Heft mögen kann, der gerne liest. Vermutlich ist es in der Buchhandlung so gut aufgehoben wie am Kiosk.
Wie geht es weiter?
Spätestens im Herbst soll die zweite Ausgabe mit Georg Büchners „Woyzeck“ erscheinen. Wir machen uns vorsichtig an die Planung, müssen aber sehen, ob die Idee und das erste Heft all die Leser findet, die wir brauchen, um einigermaßen entspannt weitermachen zu können. Wir arbeiten bislang ohne Geldgeber und Anzeigen, allein aus eigener Tasche und, am wichtigsten: die Autoren und Fotografen arbeiten für lau, weil sie die Idee mögen. Das ist wahnsinnig hilfreich, darf aber nicht zum Dauerzustand werden.
Was sollten mehr Menschen wissen?
Du kannst einen Text sieben Mal lesen und korrigieren, du wirst auch beim achten Mal noch einen Fehler finden. Und dann schlägt deine Mutter das frisch gedruckte Heft auf und sagt: „Da fehlt aber ein m, oder?“
>>>> http://dasbuchalsmagazin.de/
Unter dem Schlagwort loading stelle ich in loser Folge handgemachte bzw. Crowdfunding-Projekte vor, die spannend sind und/oder für eine neue Bezahlkultur stehen. Das mache ich (auch), weil mein aktuelles Buch ebenfalls über Crowdfunding verfügbar gemacht wurde. Man kann den loading-Ideen im Blog folgen (hier den RSS-Feed zum Schlagwort „loading“ in den Reader nehmen) oder einen Newsletter mit den Vorschlägen abonnieren:
2 Kommentare
[…] loading: Das Buch als Magazin | Digitale Notizen – Wie innovativ! Ich habe erst vor zwei Wochen ein Buch von Dietrich Grönemeyer in genau der Aufmachung als Magazin gesehen. […]
[…] Im Herbst 2013 soll spätestens die zweite Ausgabe mit Georg Büchners “Woyzeck” erscheinen – vorausgesetzt, dass die erste Ausgabe auch Leser findet. Denn die beiden arbeiten bislang ohne Geldgeber und Anzeigen, allein aus eigener Tasche und, am wichtigsten: die Autoren und Fotografen arbeiten für lau, weil sie die Idee mögen. “Das ist wahnsinnig hilfreich, darf aber nicht zum Dauerzustand werden“, erklärten sie in einem Interview mit Dirk von Gehlen auf Digitale Notizen. […]