loading: st_ry

Bei der republica wurde er als „Posterboy des crowdfunded Journalism“ in Deutschland angekündigt: Daniel Brökerhoff will mit seinem Format st_ry neu denken. Auf der Startnext-Seite heißt es: „st_ry ist ein Web-Doku-Format, das von jungen, professionellen Fernsehmachern gestaltet und produziert wird. Im Mittelpunkt steht unser Reporter Daniel Bröckerhoff, der sich gemeinsam mit Euch auf die Suche nach Antworten macht.“

Daniel hat den loading-Fragebogen beantwortet.

Was macht Ihr?
„st_ry – deine doku“ ist ein interaktives journalistisches Experiment. Über einen Zeitraum von sechs Monaten gehe ich einem großen Thema auf den Grund: „Ich will meine Daten zurück!“ Nicht erst seit dem PRISM-Skandal der amerikanischen Staatsschnüffler fragen wir uns, wer eigentlich was genau von uns weiß. Das Thema Datensouveränität – also die Hoheit von uns Bürgern über das, was mit unseren Daten passiert – fängt schon bei der ganz alltäglichen Zalando-Werbung an, die uns seltsam genau kennt, oder bei der Bank, die uns nach einem Wohnortwechsel plötzlich weniger Dispo geben will.

Die Nutzer, also die Mitglieder der Crowd, sind von Anfang an dabei: Als Unterstützer des Projekts entscheiden sie mit, wo die nächste Recherchereise hingeht und welchen Weg meine Mission nimmt, welchen Fragen wir uns widmen und was ins Zentrum der Recherche gestellt wird. Wir gehen nicht los mit einer vorgefertigten Arbeitsthese. Wir wollen sehen, wie die Welt da draußen wirklich ist. (Das Konzept heißt „Open journalism“ und ich habe es es auf der Internetkonferenz re:publica vorgestellt).

st_ry ist vor allem auch ein Crowdfunding-Projekt: Wir wollen die komplette Doku unabhängig finanzieren, direkt unterstützt von den Menschen, um die es geht: dem Publikum.

Warum (macht Ihr es so)?
Wichtigster Grund: Weil wir ausprobieren wollen, ob es auch so geht, wie wir es uns vorstellen. Und weil wir sehen wollen, ob aus der guten alten Tante Journalismus nicht doch ein frisches, junges Ding gemacht werden kann. Das Internet gibt uns mehr Möglichkeiten, als Journalisten sie jemals zuvor hatten – wir nutzen sie. Auf unserem bisherigen Weg haben wir allerdings schon festgestellt, dass das leichter gesagt als getan ist. Viele Interessierte haben sich von Anfang an mit großem Eifer an unserer offenen Arbeitsweise beteiligt. Das breite Publikum dagegen (das ja auch was von unserer Reportage haben soll) scheint noch etwas ratlos vor unserem Projekt zu stehen und sich zu denken: „Und was hab ich davon?“

Dieses legitime Interesse – einfach einschalten dürfen, zuschauen, und hinterher mehr wissen als zuvor – werden wir jetzt, nachdem wir in Absprache mit der Plattform startnext unser Crowdfunding-Projekt bis zum 16. August verlängert haben, mehr in den Fokus rücken. Im Juli werden wir eine erste komplette Ausgabe unserer Doku-Reihe produzieren. Damit wollen wir auch jedem ganz normalen Zuschauer, der keine Zeit oder keine Lust auf intensiven Mitmach-Journalismus hat, zeigen, dass ihn das Thema Datensouveränität jeden Tag betrifft und es sehr wichtig ist, ein gut recherchiertes Doku-Stück darüber zu produzieren.

Wer soll das anschauen?
Alle, die sich für Datenschutz interessieren, mehr darüber wissen wollen und sich nicht mit schwarz-weiß Antworten zufrieden stellen. Alle, die ein neues Stück Netzjournalismus mitgestalten möchten und dabei zusehen wollen, wie eine Reportage-Reihe entsteht, bei der sie mitreden dürfen. Alle, die in unserer von Daten regierten Welt leben; alle, die sich schon mal gefragt haben, warum sie welche Werbeanzeigen im Netz serviert bekommen und wer mit dem Wissen über ihr persönliches Leben jeden Tag Geld verdient.

Wie geht es weiter?
Wir werden bis spätestens Ende Juli die erste Ausgabe unserer Doku der Öffentlichkeit präsentieren und zeigen, was st_ry Tolles für das Fernsehen im Netz leisten kann. Bis zum 16. August 2013 sammeln wir die Finanzierung für unser Projekt auf startnext.de/strytv. Wenn die stolze Summe von 42.000 Euro – für 60 Minuten Doku, für ein Team von 15 erfahrenen Macherinnen und Machern, für ein dreiviertel Jahr intensiver Arbeit – zusammenkommt, werden wir die restlichen fünf Folgen st_ry bis Januar 2014 produzieren und jeden Monat etwa zehn neue Doku-Minuten ins Netz stellen.

Was sollten mehr Menschen wissen?
Wie Journalismus funktioniert, nach welchen Kriterien Journalisten entscheiden und auswählen, wie sie arbeiten und denken. Wie eine Reportage entsteht, was dabei beachtet werden muss und dass die Welt nicht so schwarz-weiß ist, wie es Journalismus uns heute oft glauben machen will.

>>> Hier kann man Daniels Projekt unterstützen!

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Unter dem Schlagwort loading stelle ich in loser Folge handgemachte bzw. Crowdfunding-Projekte vor, die spannend sind und/oder für eine neue Bezahlkultur stehen. Das mache ich (auch), weil mein aktuelles Buch ebenfalls über Crowdfunding verfügbar gemacht wurde. Man kann den loading-Ideen im Blog folgen (hier den RSS-Feed zum Schlagwort „loading“ in den Reader nehmen) oder einen Newsletter mit den Vorschlägen abonnieren: