Als Uniform Ressource Locator bezeichnet man im allgemeinen Sprachgebrauch die eindeutige Adresse einer Webseite. Eine technische Angabe, die im Zeitalter der Vernetzung aber auch inhaltliche Relevanz bekommt.
Von Michael Seemann stammt der Satz: „Öffentlich ist, was einen Link hat.“ Was umgedreht formuliert heißt „Was keine URL hat, existiert (öffentlich) nicht.“ Das heißt Inhalte ohne Internetadresse sind nicht relevant, sie sind nicht auffindbar, sie sind nicht öffentlich.
An diese Perspektive musste ich denken, als ich vor ein paar Tagen ein Interview mit dem Vorsitzenden des Verbands Südwestdeutscher Zeitungsverleger las. Valdo Lehari stellt darin die folgende These auf:
Wenn wir nur für einen Tag unsere Inhalte nicht ins Netz stellen würden – also alle Tageszeitungen, aber auch die öffentlich-rechtlichen Fernsehsender und die Magazine – dann wäre dort gar nichts los.
Diese Woche habe ich nun die Seite OneSecond entdeckt, die auflistet und erlebbar macht, was nur innerhalb einer Sekunde im Netz los ist: das Gegenteil von gar nichts. Die Grafik ist deshalb beeindruckend, weil man sie erleben kann. Die Beiträge, Likes und Suchanfragen, die sich innerhalb einer Sekunde ereignen, fliegen am Nutzer vorbei. Wem das zu schnell geht: Hier gibt es das ganze übersichtlicher für 60 Sekunden.
Selbst wenn man glauben wollen würde, dass diese Bewegung zum überwiegenden Teil auf die Inhalte professioneller Kommunikatoren zurückzuführen wäre, muss man sagen: Dass gar nichts los ist im Netz, ist eine äußerst unwahrscheinliche Annahme. Wahrscheinlicher ist die These von Michael Seemann: Was da nicht dabei ist, ist nicht los. Also nicht öffentlich.
2 Kommentare
Absolute Aussagen sind ja selten bis nie richtig. Betrifft allerdings alle Seiten. Wenn eines Tages nur öffentlich oder relevant wäre, was im Internet steht, hätten wir eine konsequent virtuelle Welt. Aber vermutlich keine lebenswerte mehr.
Der Link OneSecond ist beeindruckend. Etwas ähnliches bietet: http://www.personalizemedia.com/garys-social-media-count/
Viele spannende Fragen kommen auf uns zu: Ab wann ist „etwas los“? Wie stellen wir im Netz Öffentlichkeit (wieder) her? Ist eine Aktivität schon ein Inhalt? Was ist wirkliches Leben?
Danke für die Anregung zu einem philosophischen Wochenende!
Die Klientel-getriebene These von Valdo Lehari würde ich ja gerne durch Fakten untermauert sehen. Nicht wirklich unterstützt wird die These dadurch, dass alleine 40% des Internet-Traffic durch Google-Services entsteht. Dann gibt es noch Ecommerce, Torrent, Blogs, … – Aber so eine Analyse zum Web-Traffic müsste es doch möglicherweise geben?
http://www.spiegel.de/netzwelt/web/totalausfall-bei-google-40-prozent-weniger-web-traffic-a-917078.html