Wenn ich die Idee der Leadawards richtig verstanden habe, geht es dabei ja irgendwie ums Vorne-Dran-Sein und nicht ums Absingen der immer gleichen Leier. Das versuchen die Macher zum Beispiel dadurch zum Ausdruck zu bringen, dass sie ihr Symposium, das kommende Woche in Hamburg abgehalten wird, mit einer „Walk up registration“ ankündigen. Das ist die Lead-Formulierung für den alten Billig-Friseur-Slogan „Schneiden ohne Termin“. Soll heißen: Man muss sich nicht anmelden.
Der Kongress trägt den Titel „It’s the media, stupid!“ und spielt damit auf den alten Clinton-Slogan „It’s the economy, stupid“ an – jetzt kann man darüber streiten, ob in Zeiten der medialen Konvergenz genau diese Ausrichtung auf „the media“ tatsächlich so vorne dran ist; das sollen aber andere beurteilen. Was ich hingegen beurteilen kann, ist, dass die Konfrontation von Print vs. Online stupid ist, um es in der Lead-Sprache auszudrücken. Das schreiben die Macher über dem Programmpunkt („It’s a battle, stupid“), den sie einen Feldversuch nennen – aber nur weil es so schön in die Clinton-Reihe passt und nicht weil sie beweisen wollen, dass das in der Tat dumm ist.
Zwei Teams treten gegeneinander an und werden „mit demselben Thema gebrieft. Danach haben beide sieben Stunden Zeit, das Thema mit ihren grafischen und journalistischen Mitteln umzusetzen: das Print-Team in einer 20seitigen Magazinstrecke, das Online-Team auf einer Website mit allen digitalen Features und Applikationen.“
Am Ende soll dann das Walk-up-Publikum entscheiden, „welches Medium mehr bietet und besser funktioniert.“ Wofür und für wen steht in der Beschreibung nicht.
Wirklich Lead – im Sinne von vorne dran – wäre es übrigens, wenn die Mitarbeiter des Zeit-Magazins und von Mirko Borsches Gestaltungsfirma, die gemeinsam das Print-Team bilden sowie die Web-Mitarbeiter des Axel-Springer-Verlags (der „wie kein anderes Verlagshaus auf digitale Medien“ – wie Idealo und Stepstone – „setzt“) sich in den sieben Stunden ihres Konkurrenzkampfes darauf einigen, dass sie jetzt gemeinsam ein journalistisches Produkt erstellen, das auf allen Kanälen funktioniert – statt ein Konkurrenzdenken zu bedienen, das schon vor zehn Jahren nicht lead war und es nie mehr wird.
Update: Offenbar hat das Online-Team gewonnen. Nicht dass ich die Website mit-merkel.de besonders übersichtlich oder zugänglich fände oder dass sie mich journalistisch begeistern würde, sie hat aber einen unschätzbaren Vorteil gegenüber dem Print-Team: ich kann sie sehen!
2 Kommentare
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Ich wollte mich gerade kurz aufregen, habe dann aber festgestellt: Es betrifft und es schert mich nicht. Schlicht irrelevant für das, was gerade passiert.