#ichwähle Thomas Pfeiffer

Es ist doch merkwürdig: Wir zeigen uns in sozialen Medien, welche Musik wir hören, präsentieren Ausflugtipps und Lieblingslektüren – aber Wahlempfehlungen habe ich bisher kaum wahrgenommen. Jedenfalls nicht von den Menschen, die nicht eh am Sonnenschirm-Wahlkampfstand stehen. Das ist so als würde Spotify nur von Menschen bedient, die komponieren können.

Als Die Zeit unlängst so genannte Intellektuelle fragte, wen sie wählen, drucksten die allermeisten rum und erklärten bestenfalls wen sie denn nicht wählen. Dabei macht das deutsche Wahlrecht es uns ja eigentlich eher leicht: Wir wählen nicht Angela Merkel oder Christian Ude, wir wählen Parlamente. Wir haben „unsere Abgeordnete“, die wir auf Twitter verfolgen, bei denen wir nachfragen können und die im Zweifel gar nicht für die glasklare Parteilinie eines Horst Seehofer oder Peer Steinbrück stehen (sic!). Es scheint also kein technisches, sondern ein kulturelles Problem zu sein, dass Menschen davon abhält, öffentlich zu machen, wem sie ihre Stimme geben. Warum eigentlich?

Vielleicht finde ich es heraus, wenn ich es hier ausprobiere, wenn ich hier laut sage: Ich wähle bei der bayerischen Landtagswahl Thomas Pfeiffer! Er kandidiert auf Platz 22 der Oberbayern-Liste für die Partei Bündnis 90/Die Grünen. Thomas Pfeiffer ist @codeispoetry und Thomas Pfeiffer ist seit einer gefühlten Ewigkeit Teil meiner Timeline. Wir kennen uns persönlich, haben bereits auf einem Podium gesessen und ich fühle mich von ihm im Parlament sehr gut vertreten – wenn er denn den Einzug schafft, was ich mir allein deshalb wünsche, weil ich ihm ja meine Stimme gegeben habe (noch so ein Grund, weshalb ich die mangelnden Wahlempfehlungen nicht verstehe).

Thomas kennt sich in digitalen Raum sehr gut aus (was er in der obigen SMS-Aktion im Gegensatz Neuland/Westentasche zum Ausdruck bringen will, obwohl er vermutlich gar keine Weste trägt …), er hat einen Tumblr gestartet und würde er ein Buch oder ein Lied drüber schreiben – ich würde es hier empfehlen.

Jetzt hat er sich entschieden (neben seinen in der Tat empfehlenswerten Veröffentlichungen), etwas für die Demokratie eher Nützlicheres zu tun: Er kandidiert für ein Parlament, das finde ich gut und ehrenvoll. Ich frage mich ohnehin, wie träge die Demokratie eigentlicht macht, dass wir es ungewöhnlich finden, dass Menschen für Parlamente kandidieren.



Ich jedenfalls finde es beeindruckend, dass sich auch aussichtslose Kandidaten an Straßenränder plakatieren lassen, wo sie im besten Fall missachtet oder bekritzelt werden. Wenn man hochrechnet, dass in jedem der 299 deutschen Bundestags-Direktwahlkreise mindestens vier Kandidaten nominiert wurden, hängen in Deutschland gerade Plakate von mindestens 1200 Menschen, die vermutlich eines verbindet: Sie glauben so sehr an das parlamentarische System dieses Landes, dass sie sich aufstellen lassen und für ihre Ansichten kämpfen. Hinzu kommen die Kandidaten der hessischen und bayerischen Landtagswahl sowie in Bayern die möglichen Mitglieder der Bezirkstage – und alle haben sie Menschen, die sie unterstützen, die sich mit ihnen und für sie an Wahlkampfstände stellen, diskutieren und Zeit investieren.

Stellvertretend für all sie finde ich es nicht zuviel verlangt, darauf hinzuweisen, dass man an den nächsten beiden Sonntagen wählen gehen soll: in Bayern und im Bund. Und vielleicht sollte man das nicht nur so allgemein in den Raum sagen, sondern sehr konkret mit dem #ichwähle-Hashtag (Vorschlag) und einer konkreten Person verbinden. Ich fang dann mal an!