Zwei Männer stehen im sommerlichen Wasser am Strand und spielen Frisbee – zumindest kommt das zugehörige Sportgerät bei ihrem Spiel zum Einsatz. Sie stehen einander gegenüber und werfen sich die Scheibe zu – allerdings ohne, dass diese (wie Wikipedia definiert) „durch aerodynamischen Auftrieb und Kreiselbewegung in der Luft gehalten“ wird. Die beiden werfen halt irgendwie – und zwar so ausdauernd falsch, dass es sehr anstrengend aber auch sehr lustig ist, sie dabei zu beobachten.
Unter anderem für solche Clips habe ich bei der SZ das Phänomeme-Blog erfunden. Als ich gestern jedoch dieses angeblich aus Bosnien stammende Video sah, erkannte ich nicht nur einen viralen Clip: Ich sah vor allem uns selber – bei der Benutzung des Internet. Unsere Frisbee-Scheibe heißt Digitalisierung, sie liegt vor uns, wir haben aber noch nicht so richtig verstanden, wie man sie einsetzt. So wie die beiden Badegäste versuchen auch wir uns in Techniken, die wir von anderen Spielgeräten kennen. Die beiden werfen die Scheibe wie einen Ball, wir betrachten das Netz wie ein Medium, das klassisch verbreitet wird. Das geht schon irgendwie, so wie auch die Scheibe von einem zum anderen bewegt wird, ihre besonderen Fähigkeiten entfaltet sie allerdings kaum.
Ziemlich sicher werden kommende Generationen auf unseren Umgang mit dem Internet schauen wie wir auf die beiden Badegäste mit der Frisbee: amüsiert und ratlos. Beenden werden wir dieses Amüsement übrigens nur, wenn wir anfangen anders zu denken, daneben zu liegen und (immer wieder) Neues auszuprobieren. Vielleicht finden wir dann den Trick mit dem aerodynamischen Auftrieb und der Kreiselbewegung …
6 Kommentare
I dare to object! Man darf die Selbstherrlichkeit der Gegenwart nicht unterschätzen, im positiven, wie im negativen. Wenn wir uns ansehen, wie wir die Vergangenheit des Netzes schon jetzt rezipieren (das ist ja immerhin schon fast über 15 Jahre da – ich wähle hier mal den Boris-Becker-AOL-Spot als den Moment der flächendeckenden Verbreitung), dann bleibt nur zu sagen: Für mehr als ulkige Bildergalerien mit Screenshots vom Netscape Navigator reicht es kaum.
Ich hab neulich erst wieder zuhause meinem Blick über meine Hypertext-Theorie-Literatur schweifen lassen. Nichts davon ist heute noch im Netz existent …
Nein nein, die Zukunft im Netz wird – wie den Gegenwart jetzt – viel zu sehr mit sich selber beschäftigt sein, um überhaupt mehr als ein albernes virales Video lang einen Blick zurück zuwerden.
1 Kommentar weiterhin … bei Dirk von Gehlen … fast so traurig, wie falsch Frisbees werfen.
Uff, liegt es an der (Wurf-)Technik (disqus) oder an der Kultur hier im Blog. Oder an mir? Ich bin ratlos
Ich kann es Dir leider auch nicht sagen. Ich hab auf dem Wordcamp gehört, dass Kommentare in vielen Blogs zurückgehen, bis hin zu komplett verschwinden. Vielleicht wird der Artikel ja woanders diskutiert … so oder so: Wenn es um die Beurteilung der Gegenwart geht, sollte man das mal nicht außen vor lassen. Vielleicht werde ich aber auch nur alt und vermisse die Art des Diskurses, wie er früher war. Oder den Diskurs überhaupt. Vielleicht sind wir ja schon inder Post-Discourse-Era.
Mir geht ja – was den Gegenwart-/Zukunft-Bezug angeht – vor allem um das Bild
Und in Sachen Kommentare habe ich ja die Befürchtung, dass es auch an der Software liegen könnte
[…] für das Medium Text in sich tragen könnte. Stattdessen wird relativ viel Zeit darauf verwendet, eine Frisbee-Scheibe wie einen Ball zu werfen. Mit diesem Bild habe ich die Annahme versucht zu fassen, das Digitale stets so zu behandeln wie […]