Ihre Auffassungen zu Open Access, die ich in keinem Punkt teile, habe ich als einen mißglückten Appendix angesehen; zumal die Google-Problematik und Open Access kaum etwas miteinander zu tun haben. Ich hatte die naive Hoffnung, dass die Debatte vom ersten Teil des Aufrufs getragen würde.
Spätestens nachdem ich die Einlassungen von Uwe Jochum gelesen habe steht für mich fest, dass es sich um keinen läßlichen Anhang handelt. Diese zum Teil haarsträubenden, ‚ÄúIm Namen der Freiheit‚Äù vorgetragenen Vorstellungen kontaminieren den Heidelberger Appell insgesamt.
Der Hochmut, den Jochum als Freiheit der Wissenschaft zu verkaufen versucht, ist feudalistisch. Ich werde mich dazu noch ausführlicher äußern.
Matthias Spielkamp dokumentiert Peter Glasers Rückzug aus der Unterzeichnerliste des Heidelberger Appells. Außerdem hat er (Spielkamp) gemeinsam mit Florian Cramer eine Einordnung zu den Hintergründen und Missverständnissen hinter dem Appell veröffentlicht:
Entgegen den Darstellungen von Reuß und Jochum wurde die Bewegung hin zu Open Access nicht von anonymen Wissenschaftsorganisationen ins Leben gerufen, um ihnen vorzuschreiben, wie und wo sie zu publizieren haben. Im Gegenteil: die Wissenschaftler selber haben zu Beginn bei ihren Organisationen für Open Access werben müssen, darunter Spitzenvertreter ihres Fachs wie der Mathematiker Donald Knuth, der Medizin-Nobelpreisträger Harold Varmus und der Linguist Stevan Harnad. Nur ihrer Hartnäckigkeit ist es zu verdanken, dass der Zugang zu – vor allem: naturwissenschaftlichen – Informationen immer weniger von Verlagskonzernen wie ReedElsevier oder Springer Wissenschaft abhängig ist.
In den Geisteswissenschaften herrscht eine andere Publikationstradition. Wenn Verleger wie KD Wolff mit großem persönlichen und finanziellen Einsatz Projekte wie Reuß‘ Kafka-Edition möglich machen, hat das mit dem Schröpfen der öffentlichen Hand nichts zu tun. In manchen Fällen ist es eher Mäzenatentum. Aber im „Heidelberger Appell“ werfen Wolff und viele andere Verleger Open Access in einen Topf mit Google Books, einem Projekt, bei dem ohne Zustimmung der Autoren Millionen Bücher gescannt und verwertet werden. Google Books hat aber mit Open Access etwa so viel zu tun wie eine Buchclub-Drückerkolonne mit einer öffentlichen Bibliothek.