Sveamaus, Benjamins Deli, Stanley Cup, Bürohumor, Apsilon, Slick Back, Spotify Wrapped (Netzkulturcharts November 2023)

Was geht online? Die Netzkulturcharts sind meine völlig subjektive Antwort auf diese Frage. Ich liste darin Phänomeme auf, die ich inspirierend, interessant oder bemerkenswert finde. Sie sind regelmäßiger Bestandteil meines Digitale Notizen-Newsletters.

Der Begriff „Netzkultur“ ist dabei bewusst offen und der zeitliche Bezug kann schlicht daran liegen, dass mir dieses Phänomen erst in dem Monat aufgefallen ist. Die Charts aus den Vormonaten stehen hier.

Mehr Netzkultur gibt es auch in dem Instagram-Account @kommemetare


Platz 1: Sveamaus

„Ich bin überrascht davon, wie gut die Meme-Culture in Deutschland geworden ist“, sagt Miguel Robitzki im Too Many Tabs-Podcast, der in diesem MonatSvea Mausolf zu Gast hat, die auf Instagram mit ihrem Account @sveamaus zu den größten und besten Meme-Accounts des Landes zählt. Die Folge ist nicht nur deshalb unbedingt hörenswert, weil sie mir einen Anlass liefert, den sveamaus Account auf Platz 1 der Netzkulturcharts zu bringen. Der Podcast lüftet auch ein paar Geheimnisse hinter dem Account (Wo kommen die Bilder her?) und zum Verhältnis von Memes und Kunst (Ist Svea deprimiert, weil ihre Meme-Account viel populärer ist als ihre Kunst?). Unbedingt hörenswert – aber vor allem unbedingt folgendswert @sveamaus, weil der Account durch Bildsprache und Text der deuschen Meme-Culture einen eigenen Stil verliehen hat.

Platz 2: Benjamins Deli

Mal wieder ein vorher-nachher-Tanztrend auf Tiktok. Zum Mashup-Sound „Benjamins Deli“ von JRitt, der den Song „Deli“ von Ice Spice mit „All About the Benjamins“ von Puff Daddy verbindet, zeigen sich Tanzgruppen erst zurückhaltend im Dunkeln und dann (häufig mit Handy-Lichtern beleuchtet) angezündet begeistert tanzend. Neben wirklichen Gruppen-Videos sind vor allem die Clips populär, die z.B. kleine Kinder mit ihren Eltern (und deren Handylicht) zeigen.

Platz 3: der Stanley-Cup-Unfall

Der Stanley-Cup ist die wichtigste Eishockeytrophäe der Welt – aber seit diesem Monat ist der Stanley-Cup auch ein wichtiger Netztrends. Denn das Video der Tiktok-Nutzerin @danimarielettering brachte einen Trinkbecher (Cup) der Firma Stanley in die virale Aufmerksamkeit. Der Clip zeigt die Isolierfähigkeit des Thermobechers auf so beeindruckende Weise, dass man fast nicht glauben möchte, dass es eine zufällig Filmaufnahme ist. Zu sehen ist der völlig ausgebrannte Innenraum eines Autos, das einen Unfall hatte. Alles sieht zerstört aus – bis auf den Stanley Cup auf der Mittelkonsole.

Der Clip sorgte für weltweites Presse-Echo und wurde natürlich von den Social-Accounts der Firma aufgegriffen. Terence Reilly, Chef von Stanley, meldet sich in einem Stitch zu Wort, in dem er der Tiktok-Nutzerin verkündet: „Wir haben so etwas noch nie gemacht und werden es wohl auch nie wieder tun, aber wir möchten gern dein Auto ersetzen“.

Platz 4: Bürohumor mit Conny from the block & Giesela

Giesela, die Verwaltungsfachangestellte aus den Clips von Dominik Artefex war hier im September 2021 schon mal Thema. Durch einen Beitrag vom ZDF über Conny from the Block und ihren Bürohumor muss ich das Thema aber nochmal in den Netzkulturcharts aufnehmen. Conny und Nik parodieren in ihren kurzen Clips einen klischeehaften Blick auf deutsche Verwaltung und deutsche Büros. Das ist lustig.

Platz 5: Slick Back Tanz

Es sieht so aus als würde der Mann fliegen in seinem Tanz. „Slick Back“ heißt der Tanzstil, der seit ein paar Wochen Tänzerinnen und Tänzer durch die Tiktok-Timelines fliegen lässt. Dabei „tanzen“ die Akteur:innen in einer Art Laufstil im Kreis – während der Song „A Pimp Named Slickback“ von Lakim zu hören ist. Das besondere dabei: ein Fuß ist immer in der Luft und es wirkt so als würden sie sich fliegend abstoßen. Es ist mehr ein Lauf- als ein Tanzstil, der aber mittlerweile in zahlreichen Tutorials erklärt wird. Was darauf hindeutet, dass viele Leute so laufen tanzen wollen.


🎵 Ungebetene Ohrwürmer* des Monats 🎵

  1. Apsilon & RTO „Baba“
  2. JRitt „Benjamins Deli“
  3. Jain: „Makeba
  4. Amaru x Gringo Bamba: „Blonde Chaya
  5. Lakim „A Pimp Named Slickback“

* in dem Buch „Meme – Muster digitaler Kommunikation“ nutze ich Ohrwürmer als Metapher um die Wirkung von Memes zu beschreiben. Deshalb ist es nur konsequent, sie nicht nur metaphorisch, sondern eins-zu-eins zu nehmen.


Besondere Erwähnung

Bin nicht sicher, was ich besser fand: den Auftritt von Apsilon im ZDF Magazin oder die Begleitung des Auftritts auf seinen Social-Kanälen, wo man sehen konnte, wie all seine Freunde nicht nur zum Abschluss mit im Studio gesungen haben – sondern vor allem auch hinter den Kulissen waren.

Hört Snoop Dog tatsächlich auf zu rauchen? Oder ist ein virales Video nur ein sehr guter Werbetrick gewesen?

Wie gelingt der Markenauftritt auf Tiktok? Ein interessantes Interview bei Agentur Boomer.

Bin mir nicht ganz sicher, was ich von Shadow halten soll. Der erfundene Blindenhund taucht jedenfalls ständig in meiner Timeline auf und erschreckt Passanten.

Dass Spotify mit seinem personalisierten Jahresrückblick die Timelines bestimmt, ist nicht neu. Zum Thema, das im November auch noch auftauchte, aber zur Gedanken: Fab rechnet im unbedingt empfehlenswerten Low Budget High Spirit Newsletter vor, wohin das Geld bei Spotify fließt und welche Pläne die Plattform ab kommenden Jahr hat. Warum das alles dennoch so gut funktioniert, habe ich übrigens in meinem Buch „Meta – das Ende des Durchschnitts“ mit dem damaligen Deutschlandchef von Spotify besprochen.


Die Netzkulturcharts sind eine subjektive Rubrik aus meines Newsletter „Digitale Notizen“. Mehr über Netzkultur in meinem Buch „Meme – Muster digitaler Kommunikation“ – und im Account @kommemetare auf Instagram. Die Platzierungen der Vormonate sind hier nachzulesen.