Die Kulturflatrate wurde demnach gar nicht erfunden, um jemals Realität zu werden. Sie wurde erfunden, um möglichst lange an dem nutzerfreundlichen Mythos festzuhalten, dass sich eine Kulturindustrie auf Basis von Tauschbörsen organisieren ließe. Die Nutzung von Tauschbörsen erscheint vor diesem Hintergrund als soziale Praxis, die gerade noch nicht legalisiert wurde, weil sich die Industrie noch sperrt. Mit der Kulturflatrate lässt sich ein Schwarzweiß-Schema inszenieren, bei dem die Nutzer zukunftsgewandt und technologiefreundlich erscheinen, die Kulturindustrie hingegen unflexibel und kundenfeindlich.
Bei Carta schreibt Robin Meyer-Lucht unter dem Titel Die Vogel-Strauß-Debatte um die Kulturflatrate über die Pauschalabgabe, die „gar keine realpolitische Maßnahme, sondern eine politische Waffe“ sei. Er meint einen „populistischen Glanz“ rund um die Pauschale erkannt zu haben, der darauf basiere, dass das Ziel der Flatrate eine „Legalisierung der Tauschbörsennutzung“ sei.
Ich glaube, diese Einschätzung (auf der der gesamte Text basiert) ist nicht ganz richtig. Zum einen ist die Nutzung von Tauschbörsen nicht per se zu legalisieren. Illegal ist sie nämlich nur dann, wenn dort urheberrechtlich geschütztes Material verbreitet wird. Darüberhinaus geht es bei der Kulturflatrate – so wie ich die Ansätze dazu bisher verstanden habe – um mehr als um Tauschbörsen. Es geht um die Frage, wie man gängige Pauschalabgaben (vergleiche dazu die Geräte- oder Leermedienabgabe) auf die Welt der Digitaliserung übertragen kann. Wer dies auf Tauschbörsen verkürzt, handelt tatsächlich populistisch.
Wie unlängst am Beispiel des geistigen Eigentums beschrieben, verlangt die Welt der digitalisierten Inhalte nach neuen Ansätzen, um Finanzierungsmodelle zu finden. Dazu ist die Kulturflatrate ein interessanter Gedanke (der zudem auf bestehende Modelle zurückgreift) – und sei es nur weil sie – wie Meyer-Lucht argumentiert – die „Kulturindustrie“ dazu bringt, neue Ansätze zu finden. Sein Text endet mit den Worten:
Bevor man also den Urhebern weite Teile ihrer Online-Rechte mittels staatlich verordneter Pflichtlizenz abnimmt, sollte man vielleicht noch zwei, drei Versuche starten, die Kulturindustrie hierzulande davon zu überzeugen, dass sie selbst die Lösung finden muss und kann.
1 Kommentar
Es ist auffällig, dass die Carta-Texte oft sehr tendenziös sind. Man will einfach eine bestimmte Meinung ausdrücken, dafür muss alles herhalten. Ähnlich mit den Texten dort gegen die öffentlich-rechtlichen Anstalten.