Was geht online? Die Netzkulturcharts sind meine völlig subjektive Antwort auf diese Frage. Ich liste darin Phänomeme auf, die ich inspirierend, interessant oder bemerkenswert finde. Sie sind regelmäßiger Bestandteil meines Digitale Notizen-Newsletters.
Platz 1: Die US-Demokraten
Es geht immer weiter. Nach dem Coconut-Tree und dem Bratsummer kam die Dad-Energy von Tim Walz und dann der Nominierungsparteitag. Der Sommer 2024 wird aus netzkultureller Perspektive als jener in Erinnerung bleiben, in dem das Unerwartete passierte: Die Demokraten drehten die Stimmung und die Gallagher-Brüder fanden wieder zusammen.
Popkulturell scheint mir allerdings in Bezug auf die Netzkultur diese „Midwestern-Princess“-Mütze und die politische Kopie viel bedeutsamer zu sein (leider ausverkauft). Es stellt sich nämlich bei all dem immer die Frage: Was schaut sich die deutsche Politik von diesem Netzkultur-Wahlkampf ab?
Platz 2: Raygun
Auch wenn Snoop Dog und die olympischen Spiele in Gänze einen eigenen Platz in den Netzkulturcharts des Monats August erhalten: die australische Breakdancerin Raygun verdient eine eigene prominente Erwähnung. Die 36-jährige Rachael Gunn aus dem australischen Bundesstaat New South Wales wurde zur Meme-Vorlage und zu einem weltweiten Star. Alex Matzkeit hat in seinem Blogeintrag „Das Raygun-Dilemma“ alles zu dem Thema notiert, was man wissen muss.
Diese Jimmy-Fallon-Referenzierung solltest du dir darüberhinaus aber auch anschauen – sie bringt sie zwei Seiten des Themas gut auf den Punkt (und Jimmy Fellon kriegt noch einen Punkt in den Besonderen Erwähnungen ganz unten).
Platz 3: Gurken in Island
Die Geschichte hat alles, was Netzkultur für klassische Medien interessant macht: eine Prise Absurdität, eine vorher relativ unbekannte Hauptfigur und ein mögliches Risiko bzw. ein Problem.
In dem Fall: In Island werden Gurken knapp. Unter diesem Titel wurde die Geschichte von „Cucumber Guy“ Logan Moffitt in den vergangenen Tagen überall erzählt. Der Grund: Obwohl der Influencer eigentlich aus Kanada kommt, zeigt sich sein viraler Erfolg vor allem in Island. Dort schlagen Gurkenbauern Alarm (so der Vibe der klassischen Berichte). Denn aufgrund von Logans Gurkenrezepten droht eine Knappheit an Gurken. Das jedenfalls kann man in dem Bericht nachlesen, den die BBC vor einer Woche online stellte – und der die Grundlage für den Hype ist.
Platz 4: St. Pauli Fanboy G.Alao ist zurück
Dem Schauspieler Hendrik von Bültzingslöwen haben wir eine wunderbare Hamburger Netz-Figur zu verdanken: der St. Pauli Fanboy G.Alao war jahrelang ein beliebtes Netz-Phänomeme. Mit dem Aufstieg seines Lieblingsclubs St. Pauli in die Bundesliga ist auch die Figur zurückgekehrt.
Wie OMG amazing das ist, kannst du auf dem Account des Schauspielers sehen.
Platz 5: Snoop Dog und Olympia
Um zu verstehen, was genau in Paris passiert ist, musst du dem Account von Snoop Dog folgen. Seit den Olympischen Spielen sind seine Reels dort offiziell vor allem Meme-Material. Damit führt er fort, was mit seinem Einsatz für einen amerikanischen Fernsehsender in Paris begonnen hat: Er setzt auf Memes.
In Paris war er selbst ein Meme (vermutlich das bekannteste), jetzt postet er welche.
Denn Paris war eine Fest für Freunde der Memes. Bei Breitband in Deutschlandfunk-Kultur durfte ich eine kurze Einschätzung abgeben, warum das so gut funktioniert hat.
🎵 Ungebetene Ohrwürmer* des Monats 🎵
1️⃣ Beyonce: „Freedom“
2️⃣ Chappell Roan: „Femininomenon“
3️⃣ Taylor Swift: „Look what you made me do“
4️⃣ DJ Johnrey „Emergency“
5️⃣ „Let him cook“
* in dem Buch „Meme – Muster digitaler Kommunikation“ nutze ich Ohrwürmer als Metapher um die Wirkung von Memes zu beschreiben. Deshalb ist es nur konsequent, sie nicht nur metaphorisch, sondern eins-zu-eins zu nehmen.
Besondere Erwähnung
Mich hat es nicht so sehr angesprochen, aber der Monat wäre unvollständig würde ich das gelbe Pferd aus dem Trailer zum Film „We Live in Time“ nicht erwähnen. Es stammt von einem alten Karusell und wurde aus dem Kontext der Kino-Romanze gerissen. Als „Yellow Horse“ reitet es seit dem durchs Web.
Auf Instagram haben viele Menschen mit Hilfe von ChatGPT ihren Feed roasten lassen. Nun gut.
Wer über Rawdogging berichtet, sollte schon erwähnen, dass dieser Trend des teilnahmslosen Starrens benannt ist nach „Sex ohne Kondom“ haben und auf merkwürdige Maskulinisten zurückgeht.
Vom KIKA gibt es ein neues Tiktok-Angebot. Es heißt Handy Crush und ist erstaunlich gut.
Er ist Teil des sehr guten Pod-Cästs „Bohniger Wachmacher“ und Mitglied der Band The Screenshots. Heute möchte ich Dax Werner aber erwähnen, weil seine neue Social-Media-Strategie die perfekte Persiflage auf den Text-Tafel-Trash ist, den manche Accounts auf Instagram verbreiten. Traurig!
RTL2 hat den Original-Clip zum möglichen Jugendwort „Nein, Pascal, ich denke nicht“ online gestellt.
Vox hat die Geschichte vom Minion-Jesus recherchiert.
Und nicht zu vergessen: Jimmy Fallon war in Bayern.
Marcus Böschs Tiktok-Newsletter muss ich eigentlich nicht mehr erwähnen. Er sollte zum Standard aller Netzkultur-Fans zählen. Dennoch ein besonderer Hinweis auf die aktuelle Folge zum Thema Tiktok und Terror.
Wenn dir die Netzkulturcharts gefallen, folge dem @komMEMEtare-Account auf Instagram, abonniere meinen Newsletter oder lies das Buch Meme – Muster digitaler Kommunikation.