Hast du einen Bluesky-Invite? Hier kommt dein Mastodon-Anstoß (Digitale Oktober-Notizen)


Dieser Text ist Teil der Oktober-Folge meines monatlichen Newsletters „Digitale Notizen“, den man hier kostenlos abonnieren kann. Das Foto oben stammt von Unsplash.


„Unglaublich, was hier zu sehen ist“ stand über dem Link oder „Krass, was hier steht“. Und dann führte der Tweet auf einen neuen Tweet, der genau auf diese gleiche Weise einen weiteren Tweet verlinkte. Nicht nur an der nostalgischen Verwendung des Wortes Tweet (schöne Websuche ,vormals Twitter‘) lässt sich erkennen: Diese Clickbait-Spiele sind vorbei.

Wer heute absichtsvoll in die Irre führen will, könnte dafür jedoch von Twitter-Nachfolger zu Twitter-Nachfolger verlinken: Also z.B. auf Mastodon posten, dass auf Threads (nur außerhalb der EU) etwas Tolles steht, was aber nur auf Bluesky verweist, wo ein Link zu einem Substack-Notes-Post steht. Dort verliert sich die Spur bis auf Weiteres…

Allein dieses Chaos, das Elon Musk mit seinem aus-X-en von Twitter angezettelt hat, wäre ein Grund dessen Entscheidungen für falsch und ärgerlich zu halten. Aber um die leidige „Wars das jetzt für Twitter?“-Frage soll es hier gar nicht gehen. Mir ist in den vergangenen Wochen etwas anderes aufgefallen, was mich verwirrt: Auf der Suche nach einer Twitter-Alternative geistert der „Hast Du einen Bluesky-Invite?“-Satz immer wieder durch meine Gespräche und Group-Chats. Menschen interessieren sich für das Netzwerk fallen auf das Verknappungs-Marketing von Bluesky rein, die noch vor kurzem in großer Rage über die bösen Netzwerke geschimpft haben.

Erinnert Ihr Euch noch als alle auf Twitter schimpften? Wegen der schlechten Debatten-Kultur dort, wegen Silicon Valley und überhaupt? Dass die Debatten-Kultur damals in jedem Fall besser war als heute, wird kaum erwähnt und die Sache mit dem Silicon Valley scheint vergessen, wenn von dort der Invite-Verknappungstrick kommt, um Bluesky bekannt zu machen. Allen, die einen Einladungs-Code wünschen, möchte ich zurufen:

Du kannst Dich jetzt und völlig kosten- und hürdenfrei auf Mastodon anmelden! Dort gibt es das Netzwerk, was in all dem Twitter-Schimpfen immer gefordert wurde. Das Fediverse würde einen sehr großen Fortschritt in Richtung freies Internet bringen, wenn auch Menschen wie Du jetzt dort mitmachen!

Dabei gibt es nur ein winziges Problem: Mastodon verlangt eine Sekunde mehr Nachdenken als das eingezäunte Meta-Google-Internet. Aber genau diese eine Sekunde garantiert auch, dass sich niemand in drei oder fünf Monaten wieder neu aufregen muss. Und das kann durchaus passieren bei Bluesky, von dem wir nur wissen, dass es mit Invites Aufmerksamkeit angelt, aber nicht, wohin das führen soll.

Wer also die eine Sekunde nachdenken investieren möchte, sollte sich auf Mastodon einlassen. Nele Hirsch vom eBildungslabor hat einen sehr guten Einführungstext geschrieben und in einem Video die Grundlagen des Fediverse erklärt. In diesem Artikel in ihrem Blog hat sie zudem erklärt, warum Mastodon besser ist als Bluesky und sie davon abrät, dort einen Account anzulegen.

Wähle dir stattdessen eine thematisch zu dir passende Mastodon-Instanz und belebe dieses Netzwerk mit deinen Inhalten. Denn wie immer gilt auch hier der Netzwerk-Effekt. Deine Entscheidungen haben also sehr wohl Folgen – auch wenn es sich erst nicht so anfühlt.

Und wann immer dich jemand nach einem Bluesky-Invite frag: Schicke ihm doch einfach den Link zu diesem Text hier ;-)

Mehr zum Thema Twitter & Mastodon…

unter anderem in diesem Interview in Deutschlandfunkkultur und hier im Blog:

🧵 Wer zeigt Kai Gniffke Mastodon?

🧵 fünf Dinge, die ich von Twitter gelernt habe

🧵 der beiläufige Zauber von Social-Media

🧵 die Idee der digitalen Nachbarschaft

🧵 das Konzept ambient awareness

🧵 meine Beschreibung des beiläufigen Zaubers von Live-Events

🧵 mein Lob auf die rhetorische Figur des Threads auf Twitter


Dieser Text stammt aus dem monatlichen Newsletter Digitale Notizen, in dem ich mich seit Jahren mit Social Media befasse. Zu dem Thema habe ich auch mehrere Bücher geschrieben.