Zynismus ist keine Lösung. Jedenfalls möchte ich mir diese Haltung nicht erlauben. Egal, wie schlimm es ist oder sich anfühlt: Sie ist mir zu einfach. Und damit bin ich nicht allein. In den vergangenen Wochen ist mir eine publizistische Haltung aufgefallen, die gerade wegen der gefühlt schlechten Lage, sich nicht der Mutlosigkeit hingeben will. Deshalb habe ich fünf dieser Ideen gesammelt:
1. Meditations in an Emergency
Rebecca Solnit hat einen Newsletter gestartet. Sie schreibt: „The title of this newsletter I’m launching today, the lovely oxymoron of „Meditations in an Emergency,“ I borrowed from a poem by the great gay poet Frank O’Hara. It felt like exactly the description for what I hope to do here: think for and with you about the emergencies we’re in and what to do about them, to meditate on causes, meanings, openings. Sometimes even in an emergency, or rather especially in an emergency, meditation as gathering ourselves and deepening our understanding is exactly what we need to do.
Ich mag Meditations in an Emergency und möchte den Newsletter hier sehr empfehlen.
2. The Bright Side
Der britische Autor Sumit Paul-Choudhury hat ein Buch veröffentlicht, das „The Bright Side“ heißt und eine „optimistische Geschichte der Menschheit“ erzählt. Der Kjona-Verlag hat das Buch im vergangenen Jahr über Startnext finanziert. Paul-Choudhury stellt fest, „Dass Optimismus entgegen meinen früheren Annahmen nicht unbedingt Ausfluss von Naivität ist. Er ist kein Luxus, den wir uns nur leisten können, wenn die Zeiten gut sind. Er ist eine Ressource, die wir anzapfen können, wenn es hart auf hart kommt – und dann kann er den Unterschied zwischen Leben und Tod ausmachen.“
3. Zurückweisung der Mutlosigkeit
Marko Martin, der im vergangenen Jahr für Aufsehen sorgte, weil seine Rede den Bundespräsidenten empörte, zitiert gerne den Psychologen Manes Sperber – zum Beispiel hier im SZ-Interview. Sperber sagte: „Es trägt nicht zuvorderst der Wille zur Hoffnung, sondern die kategorische Zurückweisung der Mutlosigkeit.“ Denn die Mutlosigkeit hat eine selbstverstärkende Wirkung. Sobald wir ihr erlauben, Besitz zu ergreifen, wird sie stärker. Oder wie es Alice Walker gesagt hat: „“The most common way people give up their power is by thinking they don’t have any.”
4. Wir sind frei, die Welt zu verändern
Ich glaube ich habe sowohl das Zitat von Alice Walker wie auch den Hinweis auf das Buch „Wir sind frei, die Welt zu verändern“ aus dem Newsletter von Rebecca Solnit. In jedem Fall beschäftigt sich das Buch von Lyndsey Stonebridge mit dem Leben und dem Werk von Hannah Arendt. Diese schrieb:
Man hat oft bemerkt, daß das sicherste Ergebnis der sogenannten Gehirnwäsche nicht eine veränderte Gesinnung, sondern jener Zynismus ist, der sich weigert, irgend etwas als wahr anzuerkennen. Wo Tatsachen konsequent durch Lügen und Totalfiktionen ersetzt werden, stellt sich heraus, daß es einen Ersatz für die Wahrheit nicht gibt. Denn das Resultat ist keineswegs, daß die Lüge nun als wahr akzeptiert und die Wahrheit als Lüge diffamiert wird, sondern daß der menschliche Orientierungssinn im Bereich des Wirklichen, der ohne die Unterscheidung von Wahrheit und Unwahrheit nicht funktionieren kann, vernichtet wird.
Sich diesem Zynismus zu versetzen, ist eine wichtige demokratische Aufgabe. Mit Freude höre ich gerade die Hörbuch-Version des Buches, die aktuell in Spotify inkludiert ist.
5. Nicht aufgeben
Ich habe hier eine Übersicht von zehn Punkte gesammelt, die zeigen, wie demokratische Teilhabe gerade in schwierigen Zeiten gelingen kann.