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tl;dr
Warum wir eine neue Vorstellung davon brauchen, was Crowdfunding ist: ein vermutlich genauso mächtiges Werkzeug wie Social Media.
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In 24 Stunden endet ein Experiment, von dem man mir noch vor wenigen Monaten sagte, es sei unmöglich: Ein Verlag, der auf einer Crowdfunding-Plattform ein neues Produkt anbietet – das galt vielen als undenkbar. Mir haben die vergangenen Wochen mit „Süddeutsche Zeitung Langstrecke“ auch deshalb so viel Freude gemacht, weil sie bewiesen haben: Knapp 1000 Leser (fast 800 bei Startnext und über 200 im SZ-Shop) halten es nicht für unmöglich, das Magazin (eines Verlages) zu kaufen, das es noch gar nicht gibt. Es ist im Gegenteil sogar möglich, dass in einem solchen Magazin vorab Anzeigen gebucht werden.
Hab gebloggt, weshalb mir @sz_langstrecke am Herzen liegt http://t.co/ScebhWAzVi #langstrecke http://t.co/nbIphbE39F pic.twitter.com/4DbTl90K8S
— Dirk von Gehlen (@dvg) 5. Februar 2015
Allein auf Startnext sind so über 33.000 Euro vorab zusammengekommen. Ob das viel oder wenig Geld ist, sollen andere beurteilen. Ich finde interessant, dass es möglich ist, auf diese Weise und auf einer Plattform wie Startnext neue Produkte zu testen und zu verkaufen. Da das Team von Startnext unser Experiment von Anfang an betreut hat und uns auch darin bestätigt hat (vielen Dank!!), will ich das Langstrecke-Finale zu einem kleinen Crowdfunding-Fazit nutzen. Ich glaube nämlich, dass wir einen neuen Begriff für diese Art des Bezahlens brauchen – oder dass wir zumindest darüber nachdenken sollten, die allgemeine Vorstellung dessen, was Crowdfunding ist, zu verändern.
Es geht – wie zu Beginn von Langstrecke geschrieben – nicht mehr nur darum, dass Produzenten und Konsumenten gemeinsam ein Ziel erreichen, das für jeden allein unerreichbar wäre. Dieser Aspekt, der gemeinhin als Bitten zusammengefasst wurde, wird mehr und mehr ergänzt um ein grundsätzlich verändertes Verhältnis zwischen Produzenten und Konsumenten. Sie treten in einen Dialog, sie sprechen vorab miteinander, sie erleben gemeinsam einen Prozess statt nur ein Produkt zu ver-/kaufen. Jerry Needle, der bei der großen amerikanischen Plattform IndieGoGo für Marketing zuständig ist, hat kürzlich davon gesprochen, dass Crowdfunding die gleichen Folgen haben wird wie das Aufkommen von Social Media vor zehn Jahren. Seine These:
„Where social media allowed people to share and communicate, allowing things to happen through communication, crowdfunding has added a commerce element, so that people aren’t just sharing ideas but to actually raise money for them to make them a reality.“
Needle prognostiziert, dass in ein bis zwei Jahren Crowdfunding fester Bestandteil jeder Agenturarbeit sein wird – weil ganz selbstverständlich auch große Unternehmen, die Optionen nutzen werden, die in dieser neuen Kommunikation mit möglichen Kunden liegt. In dem kurzen Interview bei Mashable zeigt Needle wie der Elektronikkonzern Philipps auf diese Weise Innovation im Unternehmen vorantreiben will. Auf Startnext gibt es ein Beispiel des Energieversorgers EnBW, bei dem der Solarschirm Dalia via Crowdfunding produziert werden sollte. Der Sonnenschirm, der Solarzellen in sich trägt, hat sein Ziel von 50.000 Euro nicht erreicht – und vermutlich war das für EnBW sehr lehrreich.
Jetzt könnte man sich fragen, ob man beim drittgrößten Energieunternehmen Deutschland tatsächlich um 50.000 Euro für die Produktion eines Sonnenschirm bitten muss – oder man folgt der Perspektive von Jerry Needle und erkennt, dass das Unternehmen hier quasi in einem Markttest mehr Erkenntnis gewonnen hat als man an der bloßen Summe von 13.615 Euro erkennt, die auf der Startnext-Seite steht.
Als die heute großen Social-Media-Plattformen aufkamen, wurden die ersten Nutzer verlacht oder zumindest naserümpfend angesehen. Ähnlich verhält es sich gerade mit dem allgemeinen Blick auf das Phänomen „Crowdfunding“, es wird als Randthema wahrgenommen. Als eine Bezahlmethode für diejenigen, die es im klassichen Betrieb nicht schaffen. Ich glaube, dass dies ein Trugschluss ist. Die Vorstellung von Crowdfunding wird sich in den nächsten Jahren radikal verändern. In seinem Jahresrückblick rechnete die Plattform Kickstarter vor, dass 2014 minütlich 1000 Dollar über die Plattform gezahlt wurden. Das ist viel Geld – und in jedem Fall ausreichend viel Geld, um das Interesse am Crowdfunding bei Menschen zu wecken, die sich mehr für Geld als für Naserümpfen interessieren. Was ich meine: Vermutlich hat Jerry Needle nicht unrecht, wenn er die Optionen aufzeigt, die im Crowdfunding liegen.
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Wer sich für Crowdfunding interessiert, kann diesen Ratgeber, den ich zum Thema geschrieben habe, lesen und hier den loading-Newsletter abonnieren, in dem ich spannende Crowdfunding-Projekt vorstelle:
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3 Kommentare
Ein echter Erfolg. Glückwunsch!
[…] zuende gegangen und die erste Ausgabe erschienen, wie Projektleiter Dirk von Gehlen in seinem persönlichen Fazit […]
[…] zeigt man sich bei der SZ mit dem bisherigen Interesse an dem Projekt zufrieden. In seinem Blog schreibt der Projektleiter Dirk vsn Gehlen, dass bisher knapp 1.000 Leute das Projekt unterstützt […]