Digitale Galaxien sind jugendliche Welten. Sie erodieren nicht nur die Barrieren von Urheberrechten, von illegalen Inhalten, von Zensur und Jugendschutz. Sie spielen auch das Privileg der Erwachsenen auf öffentliche Deutungshoheit aus. Nie zuvor war es kostengünstiger und einfacher, weltweit zu veröffentlichen. Aber die wenigsten jugendlichen Amateure wollen mit Ideen berühmt werden, gar die Welt verändern. Den Laien verstehen die meisten im lateinisch-italienischen Wortsinne als »Dilettanten«: Er will sich erfreuen und ergötzen.
Leute distinguierten Geschmacks nennen das Web 2.0 schon Mob 2.0. Wo »Narren« Ausgang erhalten, muss man auf alles gefasst sein, was die etablierte Ordnung durcheinanderbringt, Piraterie, Mobbing, Orgien. Die katholische Kirche ließ die Laien nur in der Fasnachtszeit gewähren. In der Onlinewelt herrscht immer Narrentreiben. Pöbeleien auf Meinungsforen. Persönlichkeitsverletzungen. Selbstentblößung ohne Grenze.
In der aktuellen Ausgabe der Zeit schreibt Ludwig Hasler (dort angekündigt als „Kolumnist, Essayist, Vortragstourist“) über die Die Stunde der Laien. Ein interessanter Text, der sich durchaus lesenswert mit der Entwicklung hin zum aktiven Rezipienten befasst. Spannend ist der Text aber auch, weil er belegt wie unterschiedlich die Einordnung dieser Entwicklung in den USA und in Deutschland betrieben wird.
Hasler beschreibt, was Shirky ebenfalls beschreibt. Hasler verwendet dabei lediglich einmal den Begriff, auf dem Shirky seine Theorie aufbaut: Amateur, abgeleitet vom lateinische amare (lieben).
Hasler schreibt stattdessen von Laien, Dilettanten und Idiotae. Das allein ist schon bezeichnend, dass der Text dann auch noch auf folgende Art endet …
Darum abschließend drei Gründe zur Beruhigung einer Elite, die der Gedanke stresst, durchgeknallte Laien übernähmen die Macht.
… ist ein weiterer Beleg für einen nicht gerade offensiven Umgang mit den Möglichkeiten, die die beschriebene Veränderung mit sich bringt. Und dabei will ich die vermeintlichen Gründe gar nicht bewerten.
2 Kommentare
Achja, Seufz. Wieder ein vermeintlich einsichtiger Intellektueller, der sich irgendwo zwischen Medienkritik, Metaphernanalyse und Kulturpessimismus verliert.
Eigentlich müsste man nach dem maximal schiefen Eingangsvergleich („Das Internet funktioniert wie ein Restaurant, das am Eingang mit der Affiche begrüßt: »Hier kocht Ihr Tischnachbar für Sie!«“) schon mit dem Lesen aufhören, bevor man von der unvermeidlich wörtlich ausgelegten Surf-Analogie („Surfen ist die Kunst, an der Oberfläche zu bleiben.“) erledigt wird.
Diese Kaste von „Publizisten und Philosophen“ tut sich mit dem Internet und dem ganzen Kram drumrum so schwer, und würde so gerne umreißen, was da passiert, aber irgendetwas hindert sie an einem, wie Du diplomatisch formulierst, „offensiven Umgang“. Langsam wird es langweilig.
Wo ist der deutsche Shirky?
[…] “professionell” ein schöner Seitenaspekt der ebenfalls andauernden Debatte über Amateure im Journalismus angesprochen wird (warum sollten eigentlich Amateure professioneller kommunzieren als […]