Der schleichende Ausstieg aus Twitter: NDR eröffnet eine Mastodon-Instanz

Das Bild stammt von Ernest Hemmingway: Allmählich und dann plötzlich. So beschreibt er den finanziellen Bankrott einer Figur in seiner Erzählung Fiesta. Allmählich und dann plötzlich vollzieht sich auch der Niedergang der Plattform Twitter.

Seit Monaten schont wird darüber spekuliert, welche Folgen der Umbau der Plattform durch Elon Musk haben wird. Sicher scheint dabei: Es gibt keinen singulären Knall, der auf einmal alles ändert. Die Veränderungen geschehen allmählich und dann plötzlich.

Gerade in den vergangenen Tagen hat der Umgang mit den öffentlich-rechtlichen Angeboten NPR und PBS auf Twitter für Aufsehen gesorgt. Beide bespielen ihre Accounts in dem Netzwerk nicht mehr, weil sie unsauber klassifiziert wurden. Michael Seemann erklärt lesenswert in seinem Blog, dass es dabei um mehr als um ein Label geht, sondern dass der Umbau durch Musk ein so grundsätzliches Problem erzeugt, dass auch mspro seinen Account ruhen lässt. Der Newsletter-Dienst substack hat unterdessen einen Twitter-Klon namens Notes gestartet – und die Frage, wann auf das allmählich ein plötzlich folgen wird, erscheint dringlicher denn je.

Dabei ist mir heute eher durch Zufall aufgefallen, dass die ARD dieser Tage eine Frage beantwortet habe, die ich Anfang des Jahres hier im Blog gestellt habe: „Wer zeigt Kai Gniffke Mastodon?“

Unter dev.ard.social kann man derzeit das hier lesen …

Hinweis: Diese Instanz ist eine Entwicklungs- und Testumgebung und nicht zum produktiven Einsatz vorgesehen.

ARD.social ist eine Basis für Auftritte der ARD im sozialen Netzwerk Mastodon. Regionale und bundesweite Marken, Sendungen, Programme und Institutionen des föderalen Medienverbunds können Profile bei ARD.social erstellen. Betrieben wird ARD.social vom Norddeutschen Rundfunk (NDR).

Profilbeschreibung auf dev.ard.social

… anders formuliert: die ARD hat offenbar eine Mastodon-Instanz gestartet. Zumindest im Testbetrieb. Das finde ich beides (Start & Test) ziemlich gut. Denn schon im Januar hatte ich geschrieben:

Ganz im Sinne iterativer, digitaler Entwicklung könnte sie diesen Mastodon-Server als Test aufsetzen und die Öffentlichkeit an den Erfolgen und auch am Scheitern teilhaben lassen:

Was wäre das für ein Zeichen, wenn die ARD einen Mastodon-Server für zwölf Monate aufsetzt und dann in einem transparenten Prozess die Öffentlichkeit daran teilhaben lässt, was dabei gut läuft und wo Probleme auftauchen? Wenn sie damit einem (sicher auch internationalen) Publikum zeigt, wie sie das freie Internet nutzen und mitgestalten will? Welche Moderationsregeln gelten auf dem ARD-Server? Wie gelingt es, dort vielfältige Stimmen zu Wort kommen zu lassen? Welche Messzahlen kann sie außer Reichweite und Trafficzuführung entwickeln, um die Bedeutung von Inhalten zu messen?

Blogeintrag aus dem Januar

Ich bin sehr gespannt, was die ARD aus diesem Ansatz entwickeln wird. Ob das direkte Folgen für die weltweite Plattform Twitter haben wird, wenn der öffentlich-rechtliche Rundfunk was verändert? Vielleicht nicht, aber vielleicht folgt auf allmählich dann auch plötzlich ¯_(ツ)_/¯