Die Digitalisierung und die darauf folgende Vernetzung können als Folge des Wunsches nach Verflüssigung betrachtet werden, der Mensch mache sich die Erde zum Prozess.
In seiner aktuellen Kolumne bei Spiegel Online schreibt Sascha Lobo über die vermeintliche Krise der Tageszeitung – und bringt diese mit der These der Verflüssigung zusammen (die mir aus zahlreichen Gründe sehr nahe ist). Er schreibt:
Vielleicht steht nicht das bedruckte Papier, sondern die statische Berichterstattung und der abgeschlossene Nachrichtenartikel ohne jede Prozessualisierung im Zentrum der Krise. (…)
Die scheinbare Zeitungskrise als Nachrichtenkrise, aus der Perspektive der Prozessualisierung zu betrachten – als Ende der statischen, rein faktenorientierten Berichterstattung in Artikelform – führt zugegeben nicht zu vollkommen neuartigen Analysen der Problematik. Es führt aber zu deutlich erweiterten Konsequenzen.
5 Kommentare
Was mich überrascht hat: Dass Lobo das so negativ intoniert. Krise, Krise, Nachrichtenkrise. Ich bin auf der analytischen Ebene völig bei ihm — aber ich bin es gerne, weil ich das alles positiv sehe. Der Journalist kann freier schreiben, nicht nur im engen Artikelkorsett. Der Leser bekommt den Hintergrund oder Info-Stream, was ihm lieber ist. Jeder gewinnt. Keiner kriegt die Krise.
Mag sein. Wir hätten es dann allerdings ursächlich nicht mit einer Krise der Zeitung, sondern mit einer Krise der Zeitungsleser zu tun. Sie werden immer ungeduldiger und fahriger. Sie sind z.B. weniger daran interessiert , was gerade rund um Gaza passiert, als daran, wie es im Ticker weitergeht. Sie wollen fortgesetzt unter Spannung stehen, wie auch die ganze Literatur immer mehr zum Nervenfutter (mit verschiedenen Geschmacksrichtungen) mutiert. Als ob die nächste Nachricht wichtiger wäre als die vorangegangene, bruachen die Leser immer etwas, was ihnen rote Backen vor Aufregung macht, sonst „gääähn“, „zu lang“, „read later“ (also nie), „kann man jemand sagen, was da steht, in 2 Sätzen?“ etc. Es beißt keine Maus einen Faden davon ab, dass sich der Kopf in-stream am Ende nicht mehr sortieren kann. Besonders arm dran und geistiger Verlotterung bedroht sind dabei Menschen wie ich, die an einem viel zu breiten Fächer unterschiedlichster Themen Interesse haben – die Messies des Informationszeitalters müllen sich selbst den Kopf zu ;)
Man kann das Betätigungsfeld der Zeitungsverlage natürlich – wie Sasch Lobo – als Verbreitung von Nachrichten betrachten. Muß man aber nicht. Ich sehe in den Texten in Zeitungen eher Literatur als Nachrichten. Und wie üblich in der Literatur gibt es Veränderungen. Die Moritatensänger gibt es ja schließlich auch nicht mehr.
Außerdem stellt sich die Existenzberechtigung von Zeitungen in dem Moment in Frage, in dem sie nur noch dazu dienen politisch orientierte Leser auf Linie zu bringen. Dann verkommen Zeitungen nämlich zu Parteizeitungen – und dass die niemand lesen will wundert ja schließlich auch keinen. Mit anderen Worten Zeitungen sind längst ein Bestandteil der politischen Parteien geworden. Es liegt an ihnen das zu ändern. Ich befürchte aber, dass das niemand will.
Bei mir jedenfalls ist es so, dass ich früher als Jugendlicher Zeitungen gelesen habe. Das habe ich mir aber in dem Moment abgewöhnt, in dem ich feststellen mußte, dass in Zeitungen nur noch parteipolitisch motivierter Murks steht. Und um das ganze noch schlimmer zu machen: In Zeitungen steht nur langweiliger Murks. Ich meine, wenn das wenigstens spannend oder zumindest ansprechend formuliert wäre – aber so?
Vielleicht sollten sich „die Medien“ mal daran orientieren: http://www.youtube.com/watch?v=LerdMmWjU_E #liquidcontent
Ich habe gestern das Digitale Quartett auf Youtube gesehen und kann nur sagen: Amazon Kindle Direct Publishing wäre die ganz falsche Plattform für ein E-Book mit dem Titel „eine neue Version ist verfügbar“. Amazon mag nämlich keine neuen Versionen, siehe meine Erfahrung:
http://ebookautorin.de/amazon-internet-ebooks-nicht-verstanden/