Kino.to und die Tochter von Tim Renner

Statt kino.to ohne Alternative lahm zu legen, als Staatsminister Flatrate und Verbraucherrechte abzulehnen, muss man die Rechteinhaber verpflichten, Angebote zu schaffen, die die Wünsche der Nutzer bedienen und zu einer Vergütung der Konsumenten führen. Der Wunsch der Konzerne den Markt und den Konsumenten über eine vierstufige Auswertung (Kinofilme) oder das Aufstauen von Bedarf (Musikcharts) voneinander zu entfernen ist legitim, aber nicht durchsetzbar. Geld verdient, wer seine Kunden gut bedient und nicht derjenige, der sie reglementiert.

Tim Renner befasst sich in einem lesenswerten Beitrag mit dem Aufregerthema der Woche: kino.to und bringt es zusammen mit der unlängst besprochenen CDU-Medianight.

Auch wenn in dem oben zitierten Fazit zumindest unklar bleibt, was Renner mit einer Vergütung der Konsumenten meint, ist sein Ansatz sehr spannend: Er beschreibt die Digitalisierung nämlich aus der Perspektive des Kontrollverlustes und wählt damit den Vergleich mit seiner so eben daheim ausgezogenen Tochter. Daraus zieht er einige interessante Schlüsse, aus denen er folgert: Wir müssen den Kontrollverlust annehmen, um ihn gestalten zu können. Wir können ihn nicht reglementieren (was man übrigens auch in seinem Buch Digital ist besser nachlesen kann).

Zwei Dinge sind an diesem Tochter-Bezug spannend. Denn er findet sich in der Urheberrechtsdebatte in abgewandelter Form immer wieder. Zum einen in der sprachlichen Herleitung des Begriffs Plagiat, der auf Plagiarius zurückgeht, was deshalb Menschenräuber heißt, weil in dem zugrunde liegende urheberrechtlichen Verständnis, ein Werk tatsächlich als Kind seines künstlerischen Schöpfers angesehen wurde, das der Plagiator quasi aus der elterliche Obhut entwendet.

Zum zweiten hat Cory Doctorow das Bild ebenfalls bereits genutzt. Auch er leitete es über seine eigene Tochter* her und verglich die Verbreitung von analoger Kultur mit der Vermehrung von Säugetieren, der er die digitale Verbreitung entgegen stellte, die für ihn eher derjenigen der Pusteblume nahekommt:

a single dandelion may produce 2,000 seeds per year, indiscriminately firing them off into the sky at the slightest breeze, without any care for where the seeds are heading and whether they’ll get an hospitable reception when they touch down.


* Womöglich mal ein Thema für eine eigenen Untersuchung: Schreibende Väter, die in ihren Veröffentlichungen ihre Töchter einsetzen. Neben Renner und Doctorow kämen ganz aktuell sicher Bill Keller und Henning Sußebach auf die Liste.

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