Heute ist es zwei Jahre her, dass sich in München ein terroristischer Anschlag ereignete. Am 22. Juli 2016 erschoss ein 18-Jähriger am Olympia-Einkaufszentrum in München neun zumeist junge Menschen mit Migrationshintergrund. Zum Jahrestag des Verbrechens strahlt der Bayerische Rundfunk den Dokumentarfilm „München – Stadt in Angst“ von Stefan Eberlein aus (hier in der Mediathek ansehen).
Der Täter, aber vor allem die Opfer spielen in dem Film keine Rolle. „Stadt in Angst“ (was übrigens auch ein Filmtitel ist) dokumentiert vor allem die Panik, die sich im Anschluss an das Verbrechen in der Stadt ausbreitete: Wie kam es zu der Hysterie? Welche Wahrnehmungen lösten die Massenpanik aus? Welche Rolle spielen Polizei und Rettungskräfte?
Die Dokumentation, die daraus entstanden ist, ist extrem spannend. Sie lässt ein Bild entstehen, zoomt heraus und blickt mit Distanz auf das Geschehen. Leider spart der Film eine Frage aus, die sich nach dem Betrachten der Bild nahezu aufdrängt: Was kann man gegen die Panik tun? Wie kann man sich wappnen für einen neuen Hysterie-Fall? Welche Möglichkeiten hat jede/jeder Einzelne, um sich künftig einer Massenpanik zu widersetzen?
Ich habe darauf keine Antwort, ich sehe in dem Film allerdings mit Bewunderung einen älteren Mann, der davon berichtet wie er sich an dem Abend in aller Ruhe durch München bewegte. Er war im Kino und wollte im Anschluss mit seiner Frau, die in der Stadt beim Einkaufen war, zum Abendessen. Aufgrund der „Vollalarmierung“ in der Innenstadt war diese jedoch in einem Kaufhaus am Marienplatz eingesperrt. Er kam nicht rein, sie durfte nicht raus.
Der Mann schildert die Geschehnisse mit einer großen Gelassenheit (ca 55 Min). Ich habe mich lange gefragt, woher seine Ruhe kam – und habe nur eine Erklärung: Der Mann hat an dem Abend kaum Medien konsumiert. Offenbar hat er keine beängstigenden WhatsApp-Nachrichten erhalten und TV-Nachrichten hat er auch nicht anschauen können.
Denn: Das mediale Echo des Geschehens hat erst für den Nachhall der Panik gesorgt. Der BR-Reporter Martin Breitkopf, der an dem Tag vom Bierfest am Odeonsplatz zum Vor-Ort-Reporter am OEZ wurde, bringt es in der Sendung auf den Punkt (ca 62 Min): „Im Prinzip haben wir ja selber Terror gemacht. Alle miteinander haben wir Terror gemacht. Die Leute, die bei Facebook gepostet haben, wir die Medien, die Terror verbreitet haben. Die Polizei in gewisserweise auch, die nicht gesagt hat: Nein, es ist kein Terror. Aber klar, das Wort ist gefährlich und hat vielleicht die ganze Hysterie ausgelöst.“
Ich finde es ist an der Zeit, der Frage nachzugehen, wie die Gesellschaft mit diesen Situationen umgehen kann. Dazu zählt einerseits die Frage der klassischen medialen Berichterstattung, die nicht selten, im Sinne der Terroristen agiert (Braucht es eine Selbstverpflichtung gegen den Terror?). Es ist andererseits aber auch die Frage, wie man aufhört, auf soziale Medien zu schmipfen und beginnt, sie verantwortungsvoll zu nutzen. Bis uns was Besseres einfällt, verweise ich auf das kleine Projekt, das Heiko und Manuel ins Netz gebracht haben: Der Hashtag und die sieben Regeln #gegendiepanik