(…) Und dann gibt es noch eine Ebene der Kritik, die Komunikation, Stil und Klima betrifft. Da lerne ich gerade sehr viel. Und ich will gerne mitteilen, was ich lerne – erneute Kritik geradezu herausfordernd. Sie müssen bedenken, dass ich – und wir alle hier – aus der Kultur des Printjournalismus kommen. Eine andere gibt es im Moment in diesem Land auch noch nicht. Sie ist am entstehen, Projekte wie dieses helfen dabei. Im Printjournalismus gibt es ein bestimmtes handwerkliches Ethos. Ob sich die Zeitungen und die Kollegen daran halten, ist eine andere Frage. Aber die Regeln sind eigentlich klar. Und es gibt eine bestimmte institutionelle Tradition. Zeitungen sind komplexe Gebilde. Viele Leute müssen sehr differenzierte Arbeitsabläufe befolgen, damit eine Zeitung entstehen und verkauft werden kann. Der Aufbau solcher Strukturen braucht Zeit. Zeitungen brauchen Zeit. Zeitungen sind etwas sehr nachhaltiges. Verlagshäuser entstehen in Generationen. Abonnenten halten ihrem Blatt jahrzehntelang die Treue. Auf der Grundlage dieser Traditionen, dieser Nachhaltigkeit entsteht Qualität.
Das Internet ist anders. Schneller. Die Hierachien sind flacher. Das Experiment findet Raum. Das ist schön, das ist der Vorteil des Netzes. Und sein Nachteil. Es gibt weniger Bindungen. Weniger Geduld. Weniger Nachhaltigkeit. Weniger Tradition. Weniger Verantwortung. Es gibt, mit einem Wort, weniger Institutionen.
Jakob Augstein äußert sich auf Freitag.de Über die Netznomaden. Das ist lesenswert und deutet ein paar grundsätzliche Probleme an, die sich ergeben, wenn man das Experiment wagt, den eigenen Leser ernst zu nehmen.
Interessant zudem: Meine anfängliche Begeisterung konnte ich bisher nicht weitertragen. Bei allen guten Ideen der Vernetzung und Einbeziehung der Nutzer zählen dann doch die Inhalte und die inhaltlichen Überraschungen. Letztere fehlen mir bisher.