Heute geht in München der DLD zu Ende. Eine Veranstaltung der Hurbert Burda Media, die sich in diesem Jahr unter dem Slogan „Update your reality“ mit Themen wie „innovation, digital media, science and culture“ befasst hat „which connects business, creative and social leaders, opinion-formers and investors for crossover conversation and inspiration“.
Traditionell ist München zu Beginn eines Jahres immer recht aufgeregt wegen der mit dem Hashtag #dld versehenden Veranstaltung. Hochkarätige (Netz-)Denker kommen in die Stadt, es gibt Partys und Netzwerken. Antrieb für all das ist eine gemeinsame Verbindung der DLD-Community, die auf der Website so beschrieben wird
DLD serves as a platform for progression in times of transition for global thinkers, industry leaders, futurists, entrepreneurs, investors, scientists, opinion formers and creative talents. It is a melting pot of ideas, experiences and inspirations as well as an initial point for new partnerships, investments and business development
Der DLD (es hieß ursprünglich mal Digital Lifestyle Day) ist eine Vordenker-Veranstaltung, auf der junge Gründer vom Zauber des Gründens reden, in der frische Ideen transportiert werden und das Web als kapitalistischer Marktplatz besprochen wird. So darf Google-Chef Schmidt zum Beispiel am Ende ankündigen, Europa als Markt erkannt zu haben und deshalb 1000 neue Mitarbeiter auf dem Kontinent einstellen zu wollen.
Meiner Einschätzung nach hat sich etwas rund um den DLD in diesem Jahr verändert. Am Montag mittag gab man der Politiker-Gattin Stephanie zu Guttenberg ein Podium, in dem sie unwidersprochen Politik machen durfte. Politik für die Vorratsdatenspeicherung.
Politik fand auf dem DLD auch vorher schon statt. In Form der grundsätzlichen Zustimmung zur amerikanischen Idee von Innovation und kapitalistischem Streben, in Form von Hockeystick-Ideen und der Perspektive auf das Web als in erster Linie wirtschaftlichem Raum. Erstaunlich an zu Guttenbergs Auftritt ist also nicht die Tatsache, dass der DLD sich nun auch zivilgesellschaftlichen Themen öffnet. Erstaunlich ist, wie er das getan hat: Auf dem Podium saßen neben der Gattin des CSU-Verteidigungsministers, als Moderatorin die Gattin des Veranstalters Hubert Burda (die Schauspielerin Maria Furtwängler-Burda), die Gründerin der Organisation Afesip Cambodia Somaly Mam und der BKA-Beamte Ralf Mutschke. Der Titel des Podiums lautete „Human Trafficking (Menschenhandel)“, gesprochen wurde aber wie heise online berichtet auch über die vermeintliche Notwendigkeit der Speicherung von IP-Adressen um diesen zu verhindern. Dass ein BKA-Mitarbeiter diese für gut und notwendig hält, mag nicht verwundern. Dass bei einer offenen Veranstaltung wie dem DLD jedoch eine Gegenstimme fehlt, hingegen schon. Denn es gibt diese Gegenstimmen. Fast zeitgleich zur Veranstaltung in München veröffentlicht der AK Vorrat die Meldung Internet-Vorratsdatenspeicherung gegen Kinderpornografie nutzlos.
Es ist schon erstaunlich, dass kein Vertreter des AK Vorrat (oder einer vergleichbaren Organisation, die sich gegen die Vorratsdatenspeicherung und für „Löschen statt sperren“ einsetzt) in München anwesend war. Denn zu einem „melting pot“ zählt meiner Einschätzung nach auch die Fähigkeit, unterschiedliche Meinungen auszuhalten und abzubilden. So jedoch bleibt nicht mehr als eine diffuse Stimmung wie sie z.B. in diesem Meedia-Bericht zusammengefasst wird, der sich mit der angeblichen Souveränität in der Präsentation statt mit inhaltlichen Argumenten befasst:
Stephanie zu Guttenberg musste viel Kritik für ihr Engagement bei der RTL-II-Sendung „Tatort Internet“ und einstecken. Ihre Präsentation beim DLD war indes souverän und überzeugend. Maria Furtwängler konnte sich nach dem Auftritt einen Seitenhieb auf die FDP nicht verkneifen, die „in Deutschland jede Form der Datenspeicherung“ blockiert.
So wird Stimmung gemacht, aber kein Melting Pot.
Die Debatte um die Vorratsdatenspeicherung ist keine neue. Der „Seitenhieb“ auf die FDP keine lockere Bemerkung, sondern eine eindeutige Festlegung (von der Moderatorin) in einer sehr aktuellen Auseinandersetzung. Es ist bezeichnend dass diese Einordnung auf dem DLD und in der Berichterstattung fehlte – und dazu muss man nicht mal die Bezüge der CSU-Ministergattin zum angeschlagenen Koalitionspartner FDP bemühen. Man muss sich lediglich mit der seit Jahren andauernden Debatte um die Vorratsdatenspeicherung befassen, um zum Beispiel festzustellen, dass das Bundesverfassungsgericht dazu schonmal ein eindeutiges Urteil gesprochen hat.
Claudia Sommer brachte dies in einem Twitter-Eintrag auf den Punkt:
Frau zu Guttenberg schreckt nicht davor zurück Opfer von Pädophilen für das Thema Vorratsdatenspeicherung zu instrumentalisieren… #DLD11
Schade, dass man das nicht von einem DLD-Podium gehört hat. Es hätte für viele offenbar wunderbar den Slogan des DLD11 eingelöst: Update your reality!
2 Kommentare
Besten Dank für diesen Kommentar.
Ahoi, ich bin mal so frech und schreibe mal was im Blog. Sieht super aus! Ich nutze seit kurzem auch WordPress einige Dinge verstehe ich aber noch nicht so ganz. Dein Blog ist mir da immer eine grosse Anregung. Danke!