Es werden immer mehr. Auf die 51 Tatort-Autoren antworteten 51 Hacker. Auf die angeblich 100 Künstler aus dem heutigen Handelsblatt (Marcel Weiss hat sich die Mühe gemacht, genau nachzuzählen) antworten jetzt im Piratenpad 101 Piraten.
Man könnte also meinen, die Urheberrechts-Debatte käme voran.
In Wahrheit kommt hier nichts voran, hier kommen vor allem Vorurteile heraus. Laut Horizont soll der Filmemacher Volker Schlöndorff im Focus gesagt haben:
„Die Forderung der Piraten läuft auf eine Abschaffung von Kultur und Kreativität hinaus, zugunsten von ein paar instant satisfaction suchenden Wichsern.“
Der Ton, der im Rahmen der Handelsblatt-Aktion (bei Netzpolitik wird dieser Begriff eingeordnet) angeschlagen wird, ist stellenweise kaum feiner. Das ist – wie bei Regeners Wutrede – erstaunlich, denn gerade Künstlern hätte man mehr Sprachgefühl zugetraut. Zudem verrutschen ihnen vor lauter Empörung ein paar Begriffe: ein ntv-Moderator sagt beispielsweise den Satz „Inhalte gibt es nicht gratis“ verrät aber nicht, wo man denn auf der Senderwebsite, in der App oder im frei empfangbaren Programm bezahlen kann. Ein Werber vermischt „Smartshopping und Umsonstkultur“ zu einer so genannten „Bescheißermentatlität“, die er im Programm der Piratenpartei ausgemacht haben will (weitere Beispiele hat Thomas Knüwer zusammen getragen). Da ist man regelrecht froh über die kleinen Lichtblicke in der Sammlung: Renate Künast spricht sich für eine Kulturfaltrate aus, Nadeshda Brennicke outet sich als überzeugte Gegnerin von Acta und „Schriftstellerin und Juristin“ Juli Zeh schenkt mit einem „tatsächlich“ der Debatte einen Hauch von Realitätssinn. Sie schreibt:
Wenn die Foderung der Piraten tatsächlich lauten würde „Alles umsonst für alle“, müsste man dem aufs Schärfste entgegen treten
Womit wir beim Thema wären: Wie lautet die Forderung der Piraten denn tatsächlich? Das kann man zum Beispiel in diesem PDF nachlesen – und nach der Lektüre bleibt die Frage: Warum hat das keiner der Kreativen, die sich um ihren Kopf sorgen, getan?
Juli Zeh (die unlängst im SZ-Magazin über die Piraten schrieb) jedenfalls fordert ein Urheberrecht, das den neuen technischen Bedingungen angepasst ist:
Ich hoffe sehr, dass die Piraten – wie andere Akteure auch – bemüht sind, in diesem Sinn einen Interessenausgleich zu erarbeiten. In der aktuellen Debatte wird häufig an den Problemen vorbeigeredet.
Nach Lektüre der Handelsblatt-Geschichte sind mir zwei dieser Probleme besonders deutlich geworden. Sollte man tatsächlich die Hoffnung hegen, die Debatte auf ein konstruktives Niveau zu heben (hatte heute erstmals den Gedanken, dass es durchaus Leute geben mag, die das bewusst nicht wollen), wäre es schön, folgende zwei Thesen anzuerkennen:
1. Die digitale Kopie ist keine Stimmungsfrage
Die Verwendung des Begriffs Umsonstkultur (bitte bei wirres.net an unterschiedlicher Stelle nachlesen, warum das Unsinn ist) suggeriert, es handele sich um eine besondere Kultur, die durch das Netz Einzug erhalten habe, also um eine neue Haltung, die Menschen angenommen haben seit es das Internet gibt. Diese Annahme ist Kern des ersten Missverständnisses: Denn natürlich hat sich der Mensch nicht durch das Internet verändert, seine Möglichkeiten wurden vielmehr erweitert. Es wird heute genauso geklaut aufgenommen wie zu Zeiten der Kassettenkopie. Die Menschen, die heute digital kopieren, sind genauso verkommen wie die Kassettenjungs und Kassettenmädchen aus Nick Hornbys „High Fidelity“. Neu sind die technischen Bedingungen unter denen dies heute geschieht.
Die digitale Kopie ist eine historische Ungeheuerlichkeit. Sie ermöglicht erstmals in der Geschichte der Menschheit das identische Duplikat eines Inhalts. Diese technische Möglichkeit ist in der Welt. Sie versetzt die Menschen in die Lage, ohne Bezahlung einen Inhalt zu verdoppeln. Das ist Fluch und Segen zugleich – und die Gesellschaft muss dringend eine Lösung für das Dilemma schaffen, in das die digitale Kopie sie gestürzt hat. Diese Lösung kann aber nur auf Basis von Einsicht in die technische Neuerung gefunden werden. Zu suggerieren, für eine Lösung des Dilemmas genüge lediglich eine andere Kultur oder ein moralischer Appell, ist unredlich.
2. Die Realität ist für das Urheberrecht bedrohlicher als die Piraten
Weil manche Piraten den Begriff des geistigen Eigentums ablehnen, folgern viele, sie würden das Urheberrecht abschaffen wollen. Selbst wenn das tatsächlich so im Parteiprogramm stünde, würde mir als Freund des Urheberrechts eine andere Entwicklung viel größere Sorge bereiten: der massive Legitimationsverlust des Urheberrechts. Überspitzt formuliert: Ich befürchte, die Realität wird das Urheberrecht viel eher abschaffen als die Piraten.
Das Urheberrecht braucht eine gesellschaftliche Einsicht in seine Notwendigkeit (wie der Jura-Professor Axel Metzger unlängst anschaulich dargelegt hat). Diese Einsicht schwindet zusehens, wenn Menschen das Gefühl haben, für eine Tätigkeit kriminalisiert zu werden, die sie als alltäglich ansehen bzw. die so selbstverständlich geworden ist, dass man sie kaum vermeiden kann. Die Kosten, die die Gesellschaft aufbringen müsste, um Menschen das digitale Kopieren langfristig tatsächlich zu untersagen (und dieses Verbot auch durchzusetzen), sind enorm. Wer dem mit einer Verschärfung der Strafen begegnen will, wird eher den Widerstand gegen diese Gesetze fördern als die Einsicht in ihrer Notwendigkeit. Die beiden Schweizer Wirtschaftswissenschaftler Guy Kirsch und Volker Grossmann haben das Dilamma unlängst in der in der FAZ so auf den Punkt gebracht: „Gesetze aber, die dem Rechtsempfinden zuwiderlaufen, sind auf die Dauer nicht durchzusetzen; mehr noch: Sie zerstören den Glauben an die Gesetzlichkeit.“
Wie man diesen Glauben stärken kann, kann man z.B. beim Gerd Hansen nachlesen, der in seiner Promotion Warum Urheberrecht? der Legitimationskrise des Urheberrechts nachgeht und eine stärkere Nutzerzentrierung als Ausweg vorschlägt.
Die digitale Kopie wird nicht verschwinden. Die Digitalisierung wird nicht zurück gehen. Wir müssen sie als technische Möglichkeit und Herausforderung akzeptieren – und auf dieser Basis neue Modelle entwickeln (meine Sympathie für die Kulturflatrate habe ich schon formuliert). Florian Steglich hat darauf hingewiesen, dass der Platz, den das Handelsblatt heute den einseitigen Stellungsnahmen eingeräumt hat, dafür sehr geeignet gewesen wäre. Aber vermutlich ging es bei der Aktion (die übrigens selber eine kopierende Referenz an den Stern des Jahres 1971 sein will) auch gar nicht um das Entwickeln neuer Ideen.
40 Kommentare
Danke.
Sehr gut geschrieben!
Hinzufügen möchte ich noch, dass die digitale Kopie – oder besser die Digitalisierung an sich – noch ein für die aktuell produzierenden Musiker ein viel größeres Problem mit sich bringt. Nämlich eine durch die massiv gesenkten Eintrittsbarrieren riesige Konkurrenz.
Bei Youtube ist das eigentliche Problem nicht, dass Videos ungefragt mit urheberrechtlich geschützter Musik unterlegt werden. Sondern dass es so viel Material gibt, dass viele Nutzer lieber dieses ansehen als ins Kino zu gehen. Chris Anderson hat in seinem Buch „Free“ seine Kinder erwähnt, die lieber auf Youtube „Lego Star Wars“-Filmchen ansehen als das Original zu gucken. Oder gar lieber selbst solche Filme drehen, sie hochladen und mit ihren Freunden darüber sprechen.
Dagegen helfen keine neuen Gesetze…
Schön, nur eine Sache: Der Satz „Inhalte gibt es nicht kostenlos“ vom ntv-Moderator stimmt ja irgendwie schon. Denn im frei empfangbaren Fernsehen und auf offiziellen Internetseiten „bezahlt“ man ja dadurch, dass man Werbung konsumiert! Das ist das Geschäftsmodell, und darum ist es eben doch ein Unterschied, ob man kostenlose Inhalte von der offiziellen Seite bzw im Fernsehen sieht, wodurch sie Werbeeinnahmen bekommen, oder kostenlos von irgendwoanders (Youtube) wo die Urheber nichts davon haben. Aber ansonsten sehr nachvollziehbar…
[…] dirkvongehlen.de: Dirk von Gehlen: Vom Wissen der Wichser: zwei Thesen zur Urheberrechtsdebatte Womit wir beim Thema wären: Wie lautet die Forderung der Piraten denn tatsächlich? Das kann man zum Beispiel in diesem PDF nachlesen – und nach der Lektüre bleibt die Frage: Warum hat das keiner der Kreativen, die sich um ihren Kopf sorgen, getan? […]
Vielen Dank für diesen sachlichen, klar formulierten und mit ungewöhnlich vielen, guten Links ausgestatteten Artikel. Man kann solche Mühe nicht genug schätzen! Ich werde ihn sicher noch ein paar mal lesen :)
@Horsti: Allerdings bekommen die Nachrichtenagenturen viele ihrer Meldungen „umsonst“, wenn z.B. Frau Merkel eine Rede hält, bekommen weder sie noch der Bundestag Tantiemen, wenn eine Agentur daraus zietiert oder darüber berichtet. Ebenso werden inzwischen oft genug Tweets oder Blogs zur Recherche herangezogen und zitiert, der Urheber erhält aber keine Vergütungen.
Mir fällt da nur das Glashaus ein, in dem auch die Kollegen von ntv sitzen.
Im Übrigen wurde schon ‚früher ™‘ in erheblichem Ausmaß kopiert und abgeschrieben, die Komponisten des 17. – 19. Jahrhunderts schrieben voneinander ab, was das Zeug hielt (vielleicht mit dem heutigen Remix zu vergleichen). Das ist also keineswegs ein Phänomen der Neuzeit, nur die technischen Möglichkeiten haben sich geändert.
Mit der Einführung des Buchdrucks wurden die (Ab-)schreiber überflüssig (das war wohl das erste technische ‚Kopierverfahren‘).
Natürlich gab es damals noch kein Urheberrecht, und man wurde nicht mit Zwangsgeldern bedroht, falls man auf dem Weg zur Arbeit in der U-Bahn den aktuellen Hit vor sich hin summte…
Sie schreiben: „Renate Künast spricht sich für eine Kulturfaltrate aus“.
1. Wer ist Renate Künast?
2. Was ist eine Kulturfaltrate?
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Sollte man nicht fairerweise erwähnen, dass Nadescha Brennicke vielleicht nicht alles verstanden hat? Sie bezeichnet das Sperren von manchen Youtube-Videos als „Zensur“ und weiß offenbar nicht, dass die Sperrungen von Youtube/Google vorgenommen werden und nicht von der GEMA, wie gerne suggeriert wird. Youtube/Google möchte die Künstler nicht bezahlen, sondern das Geld lieber selbst behalten. „Zensur“ sieht anders aus.
[…] freundlichen Empfehlungen: Das Handelsblatt schwurbelt durch die unreale Welt Vom Wissen der Wichser: zwei Thesen zur Urheberrechtsdebatte (Dirk von Gehlen) „Mein Kopf gehört mir!“: Kampagnen„journalismus“ vom Feinsten (Beckedahl […]
Mag es sein, dass das Gefeuere auf die Piraten mit ‚ihr seid gegen Urheberrecht‘, ‚Künstler sollen nicht entlohnt werden‘ etc. in Wirklichkeit der nach der Saarlandwahl angekündigte Angriff auf die Piraten an ihrer schwächsten Flanke ist — dem Unwissen jener, die informationell primär durch die Massenmedien gefüttert werden?
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[…] Tbomas Knüwer “Das Handelsblatt schwurbelt durch die irreale Welt”, Dirk von Gehlen “Vom Wissen der Wichser: Zwei Thesen zum Urheberrecht”). Ich bin Urheber. Und mein Kopf gehört mir. Bevor jetzt jemand beim "Handelsblatt" […]
[…] 51 Tatort-Autoren… 101 Piraten… und Journalist Dirk von Gehlen mit einer stimmigen, fairen Zusammenfassung der dt. Debatte ums Urheberrecht. [Blog, dt.] […]
[…] Dirk von Gehlen meldet sich zu Wort: Vom Wissen der Wichser, ebenso Stefan Niggemeier, der passend feststellt Euren Kopf habt ihr längst verloren und den […]
[…] “Vom Wissen der Wichser: zwei Thesen zur Urheberrechtsdebatte” (5.4.2012, Dirk von Gehlen) […]
Vielen Dank für das freundliche Feedback und die Ergänzungen!
Kurzer Gedanke zu offiziellen Webseiten, TV und Werbung wie im N-TV Beispiel.
Ich habe zum Beispiel Werbeblocker im Browser und im TV schalte ich um…
Dann kann man die Werbeeinnahmen doch eigentlich nicht mit dem regulären Entgelt für eine zur Verfügung gestellte Leitung vergleichen oder habe ich da gerade einen Denkfehler drin?
Ähm, schön und sachlich geschrieben. Aber eben keine Klärung. 1. Das PDF der Piraten, das keiner gelesen haben soll, und vermeintlich Klarheit bringt, sagt nur, was an der Haltung der Piraten kritisiert wird: Legalisierung der Kopie bedeutet: Jeder darf soviel und überall kopieren und verbreiten, was er im Netz findet. Und das ist genau, was der von Ranting-Regner und anderen beklagte KLAU ist. 2. Was ist das für eine bizarre Rechtsauffassung, dass wenn ein Gesetzt massenweise unterwandert wird, die Gesetze der Realität angepasst werden müssen: Das bedeuten, nur mal als ein Beispiel, dass die momentan diskutierte Verfolgung der 100 Milliarden Euro auf Schweizer Konten, die nicht versteuert werden, weil halt so viele ihr Geld ins Ausland schaffen, nur der „klägliche Versuch“ ist sich der Realität (und damit dem Rechtsbruch) in den Weg zu stellen. Zu den tollen Geschäftsmodellen: Ich kenne genügend Leute mit tollen Inhalten im Netz, sei es als Film, als Blog oder Podcast, die verdienen mit der Flattr-Trallala social Payment Methode so viel, dass sie das Bier bezahlen können, in das sie reinheulen, weil alle sich nehmen ohne zu bezahlen – weil: man muss ja nicht… 3. Das millionenfache Filesharing und digitale Klauen hat mit Cassettenaufnehmen vorm Radio oder 5 Freunden die letzte Smith LP auf Cassette aufzunehmen so viel zu tun, wie Email mit den alten Briefen. Tut mir leid, ist ein vollkommen blödsinniger Vergleich.
Wie lautet dann Ihre Lösung, Christian?
„2. Was ist das für eine bizarre Rechtsauffassung, dass wenn ein Gesetzt massenweise unterwandert wird, die Gesetze der Realität angepasst werden müssen:“
Das ist keine „Bizarre Rechtsauffassung“, sondern ein uralter Grundsatz der Rechtsphilosophie (den die Juristen dann sinnvollerweise übernommen haben); warum diese Haltung philosophisch und juristisch zwingend ist, können Dir die weiterführenden Links in den verlinkten Artikeln vielleicht erklären – ansonsten seien Kants Metaphysische Anfangsgründe der Rechtslehre empfohlen.
Nur soviel hier: Du sprichst den „Abusus non tollit usum“ an, d.h. einzelner Missbrauch des Rechts hebt nicht seine Gültigkeit auf – viele Morde heben nicht das Tötungsverbot auf. Das ist das Eine. Das andere ist aber die Sache, wenn ein Gesetz eine so derart verbreitete Sitte einschränkt, was de facto nicht mehr durchzusetzen ist (z.B. das Kauen von Kaugummi). Damit kriminalisiert man nur unnötig seine Bürger und macht sich als Staat lächerlich. Die Folge ist dann, das am Schluss alle Kaugummi kauen (Wir sind das Volk!) und der Bürger dem Rechtssystem als Ganzem bzw. dem Souverän nur noch Verachtung und Spott entgegenbringt. Historische Beispiele für diesen Effekt sind zahllos (z.B. die Prohibition in den USA). Aus der Geschichte haben dann auch die Juristen und der Gesetzgeber gelernt, dass man sowas tunlichst unterlassen sollte (s.a. die Entwicklung bezüglich des Besitzes von Kleinstmengen Haschisch zum Eigengebrauch in Deutschland, hinter der diesselbe Einsicht steht, auch wenn hier keine Legalisierung erfolgt ist) .
[…] Vorwurf ist dieser Tage viel zu hören und zu lesen, er markiert einen Flankenabschnitt in der Hausse der Urheberrechtsdebatten: «sie wollen, das alles frei ist, das es überhaupt keine Rechte mehr gibt, das “geistiges […]
[…] der technischen Reproduzierbarkeit und der Entmaterialisierung von Produkten im Netz. Der Journalist Dirk von Gehlen nennt das „digitale Kopien“: „Es wird heute genauso geklaut aufgenommen wie zu Zeiten der Kassettenkopie. Die Menschen, die […]
[…] Vom Wissen der Wichser: zwei Thesen zur Urheberrechtsdebatte | Digitale Notizen […]
Das ist alles so ermüdend. „TL:DR“.
Fast wöchentlich wird „uns“ von „denen“ ein Stück Fleisch zur Ablenkung hingeworfen und wir fressen es mit Genuss.
Wann fangen „wir“ endlich mal mit AGIEREN an und hören mit REagieren auf?
Was zu Beachten ist: Es wird für jeden PC eine Urheberrechtsabgabe gezahlt. Mit Benner ist diese noch etwas höher.
Was sich die Regeners dieser Welt mal verdeutlichen müssen: Ihr seid den Leuten egal! Die laden sich eure Musik herunter weil es für sie in der Tat nur „instant satisfaction“ ist. Nun könnte man daraus schließen, man müsste das Produkt einfach attraktiver machen. Die „Urheber“ versuchen stattdessen lieber eine Versklavung der Kunden an Ihre Produkte herzustellen.
Wenn eure Inhalte den Leuten was bedeuten würde, dann würden Sie dafür mit Freude Geld ausgeben. Tut es aber anscheinend nicht.
Die Leute haben keinen Bock für ein Madonna Album mit 12 Songs 17,99 auszugeben. Das ist es ihnen nicht Wert. Das ist kein Diebstahl, das ist menschlich.
Wer soll denn bitteschön diese ominöse Kulturflatrate einziehen? Über das Finanzamt wird es schwerlich gelingen. Über die GEZ? Ich höre schon das Raunen. Also wer? Das mag eine tolle Idee sein, aber umsetzbar ist sie kaum. Stellt sich anschließend die Frage, wie die Verteilung an die Urheber geschehen soll. Und zudem hat dieser Text den entscheidenden Denkfehler: Rechtsbruch wird nicht dadurch legitim, weil sich eine Menge Menschen dazu gezwungen sehen, diesen zu begehen.
Ich hätte zur Debatte noch eine eigene Betrachtung und einen Lösungsvorschlag im Angebot (siehe Link). Urheber werden zukünftig nicht mehr für die Vervielfältigung bezahlt werden, sondern für die Veröffentlichung. Verwerter sind nicht überholt, sondern notwendiger denn je. Medienpiraterie ist trotzdem sinnvoll und fördert die Medienentwicklung.
Hinzufügen möchte ich noch folgende Gedanken:
Lasst uns mal Worte wie „Recht, Gesetz, Strafe, Raub“ kurz ausblenden und überlegen, um was es ursprünglich geht: Nämlich um Respekt. Repekt für die Urheber von Inhalten, die es vielen Menschen für wert erachten, sie massenhaft zu teilen.
Wird das Werk eines Künstlers, sei er Musiker, Fotograf, Schriftsteller oder Autor, tausendfach mit Hinweis auf ihn als Schöpfer des Werks in der Welt geteilt, dann wird ihm das in vielerlei Hinsicht vor allem nutzen: Bekanntheit und Ansehen steigen, ihm wird mit der vielen Aufmerksamkeit auch Respekt gezollt. Auch das gehört seit jeher zum Brot des Künstlers: Applaus. Respekt.
Wird dieses Werk dann von Dritten verwendet, die ihr eigenes Produkt damit bewerben, aufwerten wollen, das sie selbst verkaufen möchten, dann sollte es selbstverständlich sein, dass der Urheber davon angemessen partizipiert und er für seine Arbeit und seine Präsenz entlohnt wird.
Dazwischen gibt es ein Rauschen in der Blogosphäre, das mit einem „Art Obulus“ abgedeckt werden könnte: Jene, die Inhalte anderer mit Hinweis auf diese als Urheber in ihren Blogs teilen, und die ihre Blogs via Affiliatewerbung finanzieren, sie also auch von Inhalten anderer Urheber partizipieren, könnten so ihren Pauschalanteil/Flatrate in einen großen Topf einzahlen. (Gibt es sowas nicht eigentlich schon zB VG Wort und VG Bild, die automatisch meinen Obolus bei jedem Drucker- und Kamerakauf bekommen?).
Jedenfalls wäre es schön, wenn auch bei der ganzen Debatte ein wenig gegenseitiger Respekt einfließen könnte…
Danke für diese einordnenden Worte. Klug, darauf hinzuweisen, wie schwer es ist Gesetze, die -warum auch immer – keine Akzeptanz finden, tatsächlich durchzusetzen.
Drei Ergänzungen:
Die Großen nehmen das Geld
Ich glaube gar nicht, dass weniger für Musik ausgegeben wird. Aber meine Kids pilgern gern zu Groß-Acts etwa zu Rammstein. Die Grossen ziehen dabei soviel Geld aus der Taschengeldkasse, dass es für kleinere Acts eng wird
Geflutet mit Kunst
Heutzutage wird man – auch ohne illegal zu kopieren – von Filmen und Musik zugeschüttet. Ob Netz, Satellit oder Kabel – man hat eigentlich tausend Spartensender. Das reicht vielen Leuten aus. Ich habe ein PayTV Abo plus Vierkanal-Festplattenrekorder plus TV der auch noch aufnimmt, darauf kann man aufnehmen bis zum Geht-Nicht-Mehr. Auch diese Überflutung setzt den „Wert“ des Kunst-Produkts herab. Wenn ich da smit meiner Jugend vergleich: ein Film am Wochenende und eine gute Musiksendung am Tag.
Verpasstes Geschäft
Auch schon tausend mal gesagt: viel wichtiger als das ganze Genöle, wäre es attraktive PayAngebote zu machen. Daran fehlt es: Während man im Moment für eine alte Folge „LOst“ 2,30 Euro für „einmal angucken“ bezahlen soll (Staffel 60 Euro) gibt es die DVDs für 9,90 (Die Blueray für 16). Da muss man kein Pirat sein: So kann man eben keine Geshäfte machen
Die Frage aus Ihrem Blog („Wie lautet die Forderung der Piraten denn tatsächlich“) ist meiner Ansicht nach Ausdruck eines ständigen Ärgernisses mit dieser Partei. Sie verlinken ein PDF der bayerischen Piraten, in welchem diese das Parteiprogramm oder eine Privatmeinung von Piraten erklären.
Man kann Positionen haben. Man kann kämpfen für seine Sache. Aber etwas mich wirklich nervt, ist dieses ständige butterweiche Zurückweichen der Piraten, sobald es von irgendwo eine Gegenwehr gibt. Im Parteiprogramm steht kein Wort vom Urheberrecht, sondern nur der Satz „Wir erkennen die Persönlichkeitsrechte der Urheber an ihrem Werk in vollem Umfang an.“ Ansonsten wird der Kopie gehuldigt. Liebe Piraten: Bitte steht doch zu Eurem Programm oder beschließt etwas anderes. Aber so kann man nicht mit Euch diskutieren.
Ich _persönlich_ bin für ein leistungsorientiertes Urheberrecht mit viel kürzeren Schutzfristen innerhalb derer der Urheber Kasse machen kann und ich bin gegen eine Kulturflatrate, die einen bürokratisches Ungeheuer bedeuten. GEMA und GEZ sind Übel genug.
[…] In die gleiche Richtung, allerdings mit pessimistischerem Ausblick, geht Dirk von Gehlen in dem er s…: “Das Urheberrecht braucht eine gesellschaftliche Einsicht in seine Notwendigkeit (wie der Jura-Professor Axel Metzger unlängst anschaulich dargelegt hat). Diese Einsicht schwindet zusehens, wenn Menschen das Gefühl haben, für eine Tätigkeit kriminalisiert zu werden, die sie als alltäglich ansehen bzw. die so selbstverständlich geworden ist, dass man sie kaum vermeiden kann. Die Kosten, die die Gesellschaft aufbringen müsste, um Menschen das digitale Kopieren langfristig tatsächlich zu untersagen (und dieses Verbot auch durchzusetzen), sind enorm. Wer dem mit einer Verschärfung der Strafen begegnen will, wird eher den Widerstand gegen diese Gesetze fördern als die Einsicht in ihrer Notwendigkeit. […]
[…] Übergang ins digitale Zeitalter – Marcel Weiss, “Die komplette Demontage des Handelsblatt” – Dirk von Gehlen, “Zwei Thesen zur Urheberrechtsdebatte” – Geistiges Eigentum und die Entwicklung der […]
[…] Dirk von Gehlen, “Zwei Thesen zur Urheberrechtsdebatte”, /index.php/netz/vom-wissen-der-wichser-zwei-thesen-zur-urheberrechtsdebat… […]
[…] Autor in Erscheinung getreten. Dennoch ist sein Legt euch doch mit Apple an! betitelter Beitrag zur derzeit kochenden Urheberrechtsdebatte bemerkenswert. Es gelingt dem Autor nämlich, über die Dauer eines ganzen langen Kolumnentextes […]
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[…] und Kreativität hinaus, zugunsten von ein paar instant satisfaction suchenden Wichsern, so zitiert Dirk von Gehlen auf seinem Blog Digitale Notizen den Regiseur Volker Schlöndorf. Sharen mit:TwitterFacebookGefällt mir:Gefällt […]
Schon das 5-polige Diodenkabel war der Einstieg ins Raubkopieren. Nur waren die Kassettenaufnahmen seinerzeit keine echte 1 zu 1 Kopie. Das ist der Unterschied. Als Jazzmusiker, Komponist und langjähriges GEMA-Mitglied habe ich daher starke Bedenken gegen die totale Kopier- und Tauschfreiheit im Netz. Natürlich waren auch mir immer die vertraglichen Teil-Abtretungen an den Verlag der Plattenfirmen ein Dorn im Auge, oder, wie zuweilen bei TV-Sendern, die vertraglich erzwungene Abtretung von Musikrechten. Stichwort: Entweder, wir kriegen das GEMA-frei, oder Du bekommst den Job nicht.
Dennoch war die GEMA im herkömmlichen, öffentlichen Senderaum ein äusserst zuverlässiger Schutz für Musiker. Nur im Netz will die GEMA nicht tätig werden. Dafür sieht sie sich nicht zuständig.
Ich kann nur sagen, heute eigene Musik ohne Company im Netz selbst zu vertreiben ist das Dämlichste, was man nur tun kann. Selbst wenn man Plattformen wie YouTunes benutzt, bleibt es doch immer noch so, das ein paar ehrliche Folks die 0,99 Cent klinken und der Rest der Community sich anschliessend auf den Tauschbörsen bedient, sollte Interesse an Deinem Titel bestehen. Und Du als „Urheber“ schaust beschissener in die Röhre denn jemals zuvor!
Nee, dann veröffentliche ich lieber gar nichts. Und um einem der Vorredner hier einen faulen Zahn zu ziehen: Erzähl mir bloss nichts von Ruhm, Applaus und Ehre, wovon doch der „echte Künstler“ hauptsächlich lebt. So ein anachronistisches Geschwätz hört man ja noch nicht mal aus der CDU!
Als ich in meiner Jugend mit dem 3poligen (mono, 5polig = stereo) Tonbandgerät Musik aus den Topten aufnahm, gab es manchmal von Ansagern den Hinweis, dass man sein Gerät „nach dem nun folgenden Signal einschalten und bis zum abschließenden Signal warten“ sollte, damit man auch sicher sein durfte, das gesamte Musikstück vollständig aufgenommen zu haben. Vergleichbares Verhalten wird heute kriminalisiert. In Anspruch genommen wird der Familienvorstand, dem der Router gehört, dessen IP-Adresse ermittelt wurde. Das Zivilrecht wird auf den Kopf gestellt, indem man mit dem Störerbegriff aus dem öffentlichen Recht herumt hantiert, so dass Eltern, die einen Anschluss für ihre Familie vorhalten, für die Verstöße ihrer Kids gnadenlos zur Kasse gebeten werden.
Das Laden der Topten per Klick kann bedeuten, dass einem von zehn verschiedenen anwaltlich vertretenen Anwaltskanzleien zehn verschiedene Abmahnungen ins Haus schneien, jede für sich künftige Unterlassung und Schadensersatz fordernd, mal 450 €/Titel x 10 = 4.500 €, mal 1.200 €/Titel x 10 = 12.000 €, mal 6.000 €/Titel x 10 = 60.000 €.
… Bis eines Tages ein zur Kasse gebetener Elternteil durchdreht und seinen bestreitenden Nachwuchs halbtot schlägt.
Hoffentlich nimmt das alles bald ein Ende. Unsere Kinder sind nicht kriminell. ACTA bekommt von mir eine klare Absage. Gleichzeitig bedarf das Urheberrecht dringender Reformierung. Es ist meines Erachtens bereits jetzt viel zu stark.
[…] Frage, ob die Piratenpartei das Urheberrecht abschaffen oder vielmehr reformieren möchte, ist bereits ausführlich debattiert worden. Bei Denis Simonet, der (Achtung, Piratenmetapher) auf der Brücke der Schweizer […]