Welttag der Gratiskultur

Der 23. April ist der Welttag des Buches. In diesem Jahr wird dieser Tag gemeinsam mit der Idee „Lesefreunde“ begangen. Dabei handelt es sich um eine groß angelegte Aktion des Teilens, Schenkens und Sharens – wie man es im Netz nennen würde: 33.333 Lese-Fans verschenken je 30 Exemplare eines Lieblingsbuchs erklärt die Website der Aktion unter dem Titel „Lesefreunde schenken Lesefreude“. Auf der Hauptseite der Aktion heißt es:

Seien Sie dabei, wenn es um das Verschenken von Lesefreude in Deutschland geht – millionenfach!

http://www.welttag-des-buches.de/de/470021

Das klingt schön: Menschen sind eingeladen, die Freude an einem Buch weiterzureichen – an jeweils 30 Freunde (juristisch würde man hier vermutlich von einer nicht-privaten Weitergabe sprechen). Neil Gaiman hat unlängst erklärt, wie wirkungsvoll derartige Empfehlungen für einen Autoren sein können. Den überwiegenden Teil seiner Fans, erklärte der britische Autor, habe er über Empfehlungen durch deren Freunde bekommen. Jemand reicht ein Buch weiter, empfiehlt einen Autoren oder verleiht einen Titel – so wandert Kultur und wächst. Die Aktion Lesefreunde nutzt diese Kultur des Teilens und Verbreitens auf eindrucksvolle Weise:

Geben Sie als Buch-Schenker ihre Leidenschaft fürs Lesen an Menschen weiter – gerade an die, die wenig, selten oder gar nicht lesen. „Lesefreunde“ will Menschen bewegen, ihr Lesevergnügen zu teilen und weiter zu verbreiten. Zugleich soll mit dem Buchgeschenk eine Einladung ausgesprochen werden, das Erlebnis Lesen für sich neu oder wieder zu entdecken.

In Verbindung mit dem Welttag des Buches wird übrigens auch der Welttag des Urheberrechts begangen. Er soll daran erinnern, wie bedeutsam ein legitimiertes Immaterialgüterrecht für die Gesellschaft ist. Die Aktion Lesefreunde illustriert anschaulich, dass das Teilen von Informationen und das Urheberrecht sich nicht widersprechen müssen. Denn nicht nur bei der oben zitierten Aktion Lesefreunde werden Bücher unentgeltlich verschenkt. Unter dem Titel „Ich schenk dir eine Geschichte“ werden 700.000 Kinder aus über 25.000 Schulklassen „das Verschenkbuch“ (Zitat Börsenverein des deutschen Buchhandels) „Wir vom Brunnenplatz“ erhalten – kostenfrei. Denn auch die grundlegende Idee des Welttag des Buches/Urheberrechts gründet sich auf der Schenk-Kultur: der 23. April ist der Georgstag, auf den sich die Unesco u.a. berief als sie 1995 erstmals Buch- und Urheberrechtstag abhielt. An diesem Namenstags des Heiligen Georg werden in Katalonien übrigens Rosen und Bücher verschenkt – gratis.

In Referenz an ein schönes Internet-Mem ist man geneigt zu fordern: die Welt außerhalb des Web darf nicht länger ein rechtsfreier Raum sein. Oder etwas seriöser: In der Debatte um die Folgen der Digitalisierung wäre schon viel gewonnen, wenn man sich wenigstens bemühen würde offline wie online gleiche Maßstäbe anzulegen.