Die neoliberale Marktgesellschaft, in der wir heute leben, ist keine meritokratische Leistungsgesellschaft, wenn man an die Entgrenzung des Leistungsbegriffs und die Implementierung des marktorientierten Leistungsdenkens in nahezu allen sozialen Bereichen denkt. Wo allein der Markt über den Wert der Leistung bestimmt gibt es keine Leistungsgerechtigkeit, sondern nur Gewinner und Verlierer, von denen der eine alles und der andere nichts bekommt.
Unter diesem Blickwinkel erscheint der permanente rhetorische Rekurs unserer gesellschaftlichen Machteliten auf das Leistungsprinzip und auf Leistungsgerechtigkeit als eine durchsichtige Strategie, die in den letzten beiden Jahrzehnten durch Umverteilung von unten nach oben rapide gewachsene soziale Ungleichheit in unserer Gesellschaft zu legitimieren. Verliert doch die ungleiche Verteilung von Reichtum, Einkünften, Besitz, Status und Privilegien in unserer Gesellschaft weitgehend ihren skandalösen Charakter, wenn sie das Resultat von Leistung, Können und Wissen zu sein scheint.
Die Deutschlandfunk-Serie Essay und Diskurs widmet sich den Leitbildern der Gegenwartsgesellschaft. Die Folgen über Leistung (aus der das obige Zitat stammt) und jene über Bildung sind sehr hörenswert.